BERLIN/REUTLINGEN. Die Entscheidungsfindung sei kein Ruhmesblatt gewesen, sagt Thorsten Frei (CDU). Er ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag. Der Bundestagsabgeordnete aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis sagt, »die beiden Vorsitzenden hätten durchaus einen Fahrplan entwickeln können. Umso mehr kommt es jetzt darauf an, dass möglicherweise aufgeworfene Gräben schnell wieder zugeworfen werden und wir geschlossen in den Wahlkampf gehen. Jetzt geht es darum, den Blick nach vorne zu richten.«
Eine kontroverse Debatte für sich genommen sei im Übrigen nichts Problematisches. »Wir haben die besondere Herausforderung, dass die Union aus zwei Parteien besteht. Das sind zwei Parteien, die gemeinsam zur Wahl antreten und die müssen sich natürlich immer abstimmen. Die Frage ist, ob es ein ordentliches, transparentes und faires Verfahren ist, bei dem sich letztlich auch die Basis ernstgenommen und mitgenommen fühlt.« Da habe man nicht das allerbeste Bild abgegeben.
Eine Abstimmung in der Fraktion war nach der nächtlichen Entscheidung und Söders Einlenken nicht mehr notwendig geworden. »Ich habe ohnehin immer dafür plädiert, darüber nicht in der Fraktion abzustimmen, weil das so viel Sprengstoff gehabt hätte und tiefe Keile in die Fraktionsgemeinschaft hineingeschoben hätte«, sagt Frei.
Für einen Vorsitzenden, der erst vor wenigen Wochen gewählt wurde, wäre es schon problematisch gewesen, nicht Kanzlerkandidat zu werden. Frei hat aber beide für sehr gute Bewerber gehalten. Gerade in an der Basis in Baden-Württemberg habe auch Söder viele Unterstützer gehabt. »Man muss ihnen allen nun auch etwas Zeit geben.« Schließlich hätten sich einige Kollegen, aber auch Funktionsträger der Partei öffentlich auf die eine wie die andere Seite geschlagen.
Zu ihnen gehört der Reutlinger Bundestagsabgeordnete Michael Donth (CDU). »Wir haben jetzt ein Ergebnis und das ist gut so, auch wenn ich mir Markus Söder als Kanzlerkandidaten gewünscht und aus Überzeugung unterstützt habe«, sagt Michael Donth. Er bedauert, »dass wir, die Union, dieses gute Angebot nicht genutzt haben«. Der Bundesvorstand habe sich erneut für Laschet ausgesprochen und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. »Diesen Beschluss akzeptiert Markus Söder – er hält damit Wort. Und auch wir sind gut beraten, diesen klaren Beschluss des Bundesvorstandes zu akzeptieren, damit die Personaldebatte ein Ende hat.«
Donth gehörte zu einer Gruppe von Südwest-Abgeordneten, die in einem Brief öffentlich für Söder geworben hatten. Donth spricht nach dem Entscheid von einer »gewissen Enttäuschung«. Er werde nun aber nicht drei Wochen den Kopf in den Sand stecke und in Depression verfallen. Nun gelte es, sich vereint, CDU und CSU, in den Dienst der gemeinsamen Sache zu stellen und »zusammen und geschlossen für unsere Politik und unsere Ziele kämpfen«. Denn der Gegner stehe nicht innerhalb der Union, sondern außerhalb.
Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU, Wahlkreis Tübingen-Hechingen) freut sich, »dass wir im respektvollen Umgang miteinander zu einer gemeinsamen Entscheidung von CDU und CSU gelangt sind«. Die Union habe sich mit Laschet für einen Kanzlerkandidaten entschieden, »der feste Grundsätze mit einem integrierenden und teamorientierten Führungsstil vereint. Ich schätze diese Stärken besonders in der persönlichen Zusammenarbeit mit Armin Laschet.«
Darüber hinaus habe Laschet auch bewiesen, dass er Wahlen gewinnen kann. Vor der persönlichen Entscheidung von Markus Söder und seinem Schulterschluss mit Armin Laschet habe sie großen Respekt, sagt die Politikerin. Jetzt gehe es darum, »mit diesem Geist der Geschlossenheit gemeinsam in einen engagierten Wahlkampf zu starten – für Deutschland und die Union.«
Er sei aus Kanzlerholz geschnitzt, sagt der baden-württembergische Vorsitzende der Christdemokraten, Thomas Stobl, über Laschet. Dessen Ausdauer in den vergangenen Tagen habe ihm Respekt abgenötigt. Er hatte Laschet als Kanzlerkandidat präferiert. Der CDU-Bundesvorsitzende hatte in der entscheidenden Sondersitzung des Bundesvorstand am Montagabend Strobls Unterstützung erhalten. Eine der großen Stärken von Laschet sei, dass er zusammenführen könne, sagt Strobl. Das ist jetzt wichtig. (GEA)