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Industriegipfel: Ein König ohne Land

Olaf Scholz lädt zum Gipfel, obwohl er keine Mehrheit mehr hat. Das ist eine Inszenierung für den Wahlkampf, findet GEA-Redakteur Martin Zimmermann.

Vertreter der Verbands der Chemischen Industrie kommen zum zweiten Industriegipfel von Bundeskanzler Scholz im Bundeskanzleramt.
Vertreter der Verbands der Chemischen Industrie kommen zum zweiten Industriegipfel von Bundeskanzler Scholz im Bundeskanzleramt. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Vertreter der Verbands der Chemischen Industrie kommen zum zweiten Industriegipfel von Bundeskanzler Scholz im Bundeskanzleramt.
Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

REUTLINGEN. Bundeskanzler Olaf Scholz lädt Vertreter von Industrie und Gewerkschaften zu einem Industriegipfel ins Kanzleramt, um an einem »Pakt für die Industrie« zu schmieden. Dabei geht es beispielsweise um einen vergünstigten Industrie-Strompreis. Doch um einen solchen Industrie-Strompreis durchzusetzen, fehlt Scholz schlicht die Mehrheit. Er ist seit dem Bruch der Ampel-Koalition ein König ohne Land.

Reden kann man immer. Auch Oppositionspolitiker reden mit Wirtschaftsvertretern. Das ist auch wichtig, denn sie müssen sich ja ein Bild von der Situation machen. Umsetzen kann man Maßnahmen allerdings nur, wenn man auch eine Mehrheit hat. Deshalb verkommt Scholz' Pakt für die Industrie zu einer reinen Wahlkampf-Inszenierung. Auswirkungen auf politische Entscheidungen sind davon nicht mehr zu erwarten. Denn richtig regieren kann Scholz mit seiner rot-grünen Minderheitsregierung eigentlich nicht mehr. Für alle wichtigen Entscheidungen braucht er die Union.

Unionschef Merz signalisiert der SPD plötzlich, dass man über eine Anpassung der Schuldenbremse reden könne, wenn neue Schulden Investitionen beispielsweise in Infrastruktur oder Bildung finanzieren. Ist Merz möglicherweise auch bereit, Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Industrie noch vor der Wahl mitzutragen? Immerhin kann die traditionell wirtschaftsfreundliche Union vor allem dank ihrer Wirtschaftskompetenz auf einen Wahlsieg im Februar hoffen. Wenn es aber ohnehin Gespräche zwischen Union und SPD über die Wirtschaftspolitik gibt, deutet sich damit bereits eine Große Koalition an? Vorsicht. Das Fell des Bären sollte nicht verteilt werden, bevor er erlegt ist. Denn das letzte Wort zur zukünftigen Regierung hat immer noch der Wähler.

martin.zimmermann@gea.de