Logo
Aktuell Forstwirtschaft

Im Dickicht der Waldgesetze

STUTTGART-DEGERLOCH. Ein kurzer Einakter hinter dem »Haus des Waldes«, aufgeführt von zwei gestandenen Forstleuten, verfehlte seine Botschaft nicht. Auf einer Wippe stehend, das Gleichgewicht durch Symbole der Holzproduktion auf der einen Seite, durch Schaubilder der Erholungs- und Schutzfunktion auf der anderen Seite in der Balance haltend, kippte der Förster schnell um, als der Mann vom Bundeskartellamt die Säge ansetzte. Der Kartellschützer rasierte die Erholungs- und Schutzfunktion des Waldes ab, um nur noch die Holzproduktion stehen zu lassen. »Das geht nicht«, leuchtete den Zuschauern ein.

»Gleichbehandlung von Firmen und Forst geht nicht«
Ein Vorwurf, der seit zehn Jahren im Raum steht: Die Kartellschützer wollen aus Wettbewerbsgründen das Einheitsforstamt zerschlagen. Dieses hatte bisher Nadelstammholz kleiner und großer Waldbesitzer einheitlich vermarktet und schaute aufs Geld – aber nicht nur, sondern auch auf die Belange von Hirschkäfern und Spaziergängern. Der Forst befürchtet nun die Zerschlagung der kompletten Forstverwaltung und damit den Niedergang von Erholung und Ökologie.

Für Hans-Peter Kopp vom Forstministerium ist es »fünf vor zwölf« in dieser Sache, oder sogar schon später. Das Kartellamt hätte längst Nägel mit Köpfen machen und den Beschluss umsetzen können. Das bedeutet: Am 1. Januar 2015 hätte das Land die Strukturen im Wald ändern müssen, ebenso den Holzverkauf. Das Kartellamt indes gestand dem Land eine Fristverlängerung bis 2017 zu. In dieser Zeit setzt zumindest die AG Wald auf eine Bundesratsinitiative von Rheinland-Pfalz mit dem Ziel, das Bundeswaldgesetz zu ändern und damit die gemeinsame Waldbewirtschaftung wie bisher auch weiterhin zu ermöglichen. »Die Zeichen stehen bisher noch auf Konsens«, sagte Kopp.

Den Schwarzen Peter hat das Bundeskartellamt – so jedenfalls sieht es Bernd Murschel aus Leonberg. Wie alle anderen Fraktionen hatten auch die Grünen ihren Umweltexperten zur Theatervorführung der AG Wald geschickt. Die Forderung der AG Wald, den kompletten Baumbestand als »nationales Waldkulturerbe« auszuweisen und damit das Gleichgewicht der Waldfunktionen auf rechtlicher Ebene herzustellen, sei langfristig durchaus angebracht und durch eine Änderung des Bundeswaldgesetzes wirksam.

Insofern herrschte Einigkeit mit der Opposition: Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU), nach eigenen Worten »eingefleischte Marktwirtschaftlerin« und Verfechterin des Kartellwesens, sieht die Branchen nicht vergleichbar: »Man muss dem Bundeskartellamt sagen, dass die Gleichbehandlung von Firmen mit dem Forst nicht geht.« Das Gemeinwohl des Waldes müsse im Vordergrund stehen.

»Das Holz für den Bürger wird teurer«
Eingeleitet hatte das Verfahren eine Klage der Sägewerksbetriebe im Jahr 2002. Die Säger hatten sich durch einen verstärkten Wettbewerb billigeres Holz versprochen, allerdings rudern angeblich manche von ihnen wieder zurück. Viele Säger, alle Naturschützer, der Forst und angeblich auch die Industrie sehen inzwischen Probleme mit dem Beschlussentwurf des Kartellamts.

Käme das neue System, würde das Holz teurer werden – auch darin sind sich alle einig. »Es ist genau das Gegenteil von dem, was das Kartellamt fordert, nämlich dass der Bürger billigeres Holz bekommt«, glaubt Dietmar Hellmann, Vorsitzender der AG Wald Baden-Württemberg. Diese Folge interessiert das Kartellamt jedoch nicht, sondern nur das Primat des freien Wettbewerbs. (GEA)