Die Verkehrsinfrastruktur bleibt nach Einschätzung von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) auch mit der schwarz-roten Koalition im Bund unterfinanziert. »Die von der CSU durchgedrückte Pkw-Maut für Ausländer ist alles andere als eine Lösung für den enormen Investitionsstau in Deutschland«, sagte Hermann der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Überdies vermisse er im Koalitionsvertrag ein mit dem Klimaschutz verzahntes Leitbild für nachhaltige Mobilität. »Es gibt keine CO2-Reduktionsziele für den Verkehrssektor«, monierte Hermann. Verkehrsreduzierung und -verlagerung kämen zu kurz.
Die Pkw-Maut bringe gemessen am Bedarf »lächerliche« 400 bis 500 Millionen Euro im Jahr. Die für den Erhalt und die Sanierung der Infrastruktur der Straßen erforderliche Summe belaufe sich nach Berechnungen der Landesverkehrsministerkonferenz aber auf zusätzliche 7,2 Milliarden Euro jährlich, davon 2,7 Milliarden Euro allein für nachholende Sanierung. »Von dieser guten Vorlage ist zu wenig in den Koalitionsvertrag eingeflossen«, monierte Hermann. Vielmehr streue der amtierende Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) den Menschen Sand in die Augen, indem er von fünf Milliarden Euro mehr für den Verkehr spreche - allerdings auf vier Jahre verteilt.
Auch das von ihm grundsätzlich begrüßte Ausweiten der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen und kleinere Lkw könne die Finanzierungslücke allein nicht schließen. »Wir brauchen deutlich mehr Mittel aus dem Haushalt«, forderte Hermann. Positiv sehe er, dass der Koalitionsvertrag Erhalt und Sanierung von Straßen Vorrang vor Aus- und Neubau einräume. »Es ist allerdings ein Grundübel des Vertrages, dass diese erfreuliche Prosa nicht mit Details zur Finanzierung und Realisierung untermauert ist.« Das gelte auch für Ankündigungen zu Lärmschutz, Verkehrssicherheit, Radförderung und barrierefreier Infrastruktur.
Ohne Abstriche begrüßte Hermann die Entscheidung, dass die Rendite der Deutschen Bahn aus Netz und Infrastruktur in Höhe von 500 bis 700 Millionen Euro jährlich in diese zurückfließe und nicht mehr im allgemeinen Haushalt verschwinde. Wenn sich künftige Verkehrspolitik an Achsen orientiere und Straßenbauprojekte in der Reihenfolge ihrer Bedeutung umgesetzt würden, entspreche dies baden-württembergischen Vorstellungen. (dpa)
