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Großbritannien: Mit Karacho ins Brexit-Chaos

Boris Johnson
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Foto: Matt Dunham/PA Wire/dpa
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Foto: Matt Dunham/PA Wire/dpa

Boris Johnson liebt das Risiko. Es hat ihm den Wahlsieg eingebracht gegen eine ängstliche Opposition, die sich beim Brexit nicht klar positionieren konnte. Insofern erstaunt es nicht, wenn der britische Premier lauthals verkündet, dass er eine Verlängerung der Austrittsverhandlungen mit der Europäischen Union ablehnt. Obwohl alles danach aussieht, dass dieser Weg in den ungeregelten Brexit und somit ins Chaos führt.

In der Tat hat der europäische Unterhändler Michel Barnier die Fakten auf seiner Seite. Die Briten haben bei einem ungeregelten Brexit viel mehr zu verlieren. Sie exportieren fast die Hälfte ihrer Waren in den europäischen Binnenmarkt, während aus der EU nur acht Prozent auf die Insel gehen. Doch was sind schon Fakten. Beim Brexit geht es um viel mehr. Es geht darum, die nationale Kontrolle zurückzugewinnen und um so große Begriffe wie Freiheit und Souveränität. Boris Johnson hat den Menschen ein Märchen von einer schönen und klar gegliederten Welt aufgetischt, die in nationalen Grenzen funktioniert. Leider wurde nie gesagt, dass der Preis dafür sehr hoch ist: Wirtschaftlicher Niedergang, Unsicherheit und Bedeutungsverlust Großbritanniens in einer sich immer weiter vernetzenden Welt.

Natürlich muss man Johnson zugestehen, dass seine Alles-oder-Nichts-Strategie bislang aufgegangen ist. Doch auch für den besten Geschichtenerzähler kommt irgendwann die Stunde der Wahrheit. Dann wird sich zeigen, dass das Märchen eines souveränen, glücklichen und wohlhabenden Großbritanniens ein Wunschtraum war. Nur ist es dann zu spät, der Kurs zu wechseln.

 

davor.cvrlje@gea.de