REUTLINGEN. Die Migrationsdebatte hat die jüngste Bundestagswahl bestimmt, wie kein anderes Thema. Entsprechend viel haben die Parteien versprochen. Geht es nach Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat die neue Regierung gleich am ersten Tag geliefert. Doch Wunschdenken und Realität passen bei diesem Thema nicht gut zusammen. Viele Experten haben entlang des Weges schon eingeworfen, dass eine lückenlose Überwachung der rund 3.900 Kilometer langen deutschen Grenze utopisch sei. Deswegen kommt es, wie es kommen musste: Seit die neuen, verschärften Grenzkontrollen laufen, wächst die Kritik an ihnen und ihrer Effektivität.
Neben Kritik aus dem linken Lager, welches vor allem Europarechtsverstöße anprangert, gehen dem rechten Lager die Maßnahmen nicht weit genug. Der Koalitionspartner SPD sieht vor allem Probleme mit den direkten Nachbarländern. Und was die EU angeht, so hätten Dobrindt und Co. wissen müssen, dass in Brüssel nationale Alleingänge nicht gut ankommen. Größte Kritikerin ist aber die Gewerkschaft der Polizei. Deren Experten klarstellen: Die Kontrollen können nur noch wenige Wochen aufrechterhalten werden. 1.000 zusätzliche Beamte an der Grenze sorgen für zahllose Überstunden, ausgesetzte Fortbildungen und massiv veränderte Dienstpläne - nicht zu vergessen, immense Kosten. Generell steht auch die Frage im Raum, ob Mehrkontrollen überhaupt nötig sind, da die Grenzschutzbehörde Frontex schon seit Beginn des Jahres einen deutlichen Rückgang der illegalen Migration verzeichnet.
Große Kosten und personelle Belastungen ergeben nur dann Sinn, wenn die Maßnahmen einen signifikanten Effekt erzielen und nachhaltig sind. Nur dann empfinden die Bürger, dass politische Versprechen gehalten wurden und nicht nur unnötige und teure Symbolpolitik betrieben wird.