REUTLINGEN. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende: Das dachte sich wohl der Vorstand der Grünen Jugend, als er am Mittwoch seinen Austritt aus der Mutterpartei verkündete. Den Schritt begründeten die beiden Vorsitzenden mit programmatischen Differenzen. Man könne nicht Opposition machen zu einer Regierungspolitik, die von der eigenen Partei mitgetragen werde.
Die Entscheidung ist konsequent. Als Teil der Ampel-Koalition verantworten die Grünen viele Beschlüsse, die ihrer ursprünglichen Überzeugung widersprechen: Da sind etwa die Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet, die milliardenschweren Investitionen in die Bundeswehr, der Aufbau von Flüssiggas-Terminals und die Verschärfung der Asylregeln. Die Partei ist ein Stück weit in die politische Mitte gerückt, denn nur dort lassen sich Wahlen gewinnen. Dieser Trend wird sich vermutlich fortsetzen: Nach dem Rücktritt der Parteivorsitzenden dürften die Realos um Wirtschaftsminister Robert Habeck die Oberhand gewinnen. Dass sich Menschen mit »dezidiert linker« Gesinnung - zu denen sich der Vorstand der Grünen Jugend zählt - in der Grünen-Partei dann nicht mehr zuhause fühlen, ist klar.
Stattdessen wollen die Aussteiger einen neuen Jugendverband gründen. Ziel sei eine »klassenorientierte Politik« und ein »grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem«. Das klingt idealistisch - und weltfremd: Zu kommunistisch, um mehrheitsfähig zu sein, und zu kopiert, um sich von der Links-Partei zu unterscheiden. Eine erfolgreiche Zukunft blüht den Aussteigern also eher nicht. Dafür womöglich der Grünen Jugend: Ohne die extrem-linke Ideologie der Führungsspitze kann sie sich inhaltlich neu aufstellen - genau wie die Mutterpartei. (GEA)

