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Gelockerte Schuldenbremse: Mit Makeln behaftet

Die gelockerte Schuldenbremse verschafft einer künftigen Regierung mehr Beinfreiheit. Dafür zahlt sie aber einen enorm hohen Preis, meint GEA-Politikredakteur Oliver Jirosch.

Wirbt vor dem alten Bundestag für eine Reform der Schuldenbremse: Der CDU-Chef und designierte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU
Wirbt vor dem alten Bundestag für eine Reform der Schuldenbremse: Der CDU-Chef und designierte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Wirbt vor dem alten Bundestag für eine Reform der Schuldenbremse: Der CDU-Chef und designierte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).
Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

REUTLINGEN. Der teilweise etwas verwegen anmutende Plan des designierten Bundeskanzlers Friedrich Merz ist aufgegangen. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit sprach sich der alte Bundestag für das vom CDU-Chef präsentierte Finanzpaket aus. Das verschafft der neuen Regierung und dem nächsten Bundestag ein erhebliches Mehr an finanzieller Beinfreiheit. Das Paket macht Hoffnung, dass sich die Konjunktur nun schnell wieder erholt. Europa ist froh, dass Deutschland wieder handlungsfähiger ist. Das sind gute Nachrichten.

Moralisch bedenklich

Doch diese gute Nachrichten gehen einher mit mehr als nur einem Makel. Da sind zum einen die Wahlversprechen. Es würden keine neuen Schulden gemacht, die Schuldenbremse sei sakrosankt, hatte Merz vor der Wahl noch mehrfach betont. Kaum hatte die CDU die Wahl gewonnen, wurde eben jene Schuldenbremse gelockert. In der Sache ist dieser Schritt zwar richtig, aber der fade Beigeschmack der Wählertäuschung bleibt. Da ist zum anderen die Vorgehensweise. Für eine grundlegende, in die Zukunft gerichtete Entscheidung wird der alte Bundestag zusammengetrommelt. Warum? Weil mit dem neuen die für diese Entscheidung notwendige verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit wohl nicht zu erreichen sein wird. Auch hier bleibt also der ungute Eindruck der zwar gesetzeskonformen, aber moralisch doch fragwürdigen Tricksereien kleben.

Schulden sind kein Vermögen

Fragwürdig ist auch, von einem Sondervermögen zu reden. Das Wort Vermögen legt nahe, es handele sich um verfügbare Werte wie Immobilien, Bargeld oder Wertpapiere. In Wirklichkeit sind es aber Schulden, die neu aufgenommen werden. Sinnvolle Schulden zwar, wenn sie denn in konjunkturbelebende Maßnahmen und Infrastruktur gesteckt werden. Was einem designierten Kanzler Merz aber noch ein ganze Weile anhaften wird, ist die Tatsache, dass er an dieses Geld nur mit einem ganzen Bündel von Tricksereien gekommen ist. Die Gefahr besteht, dass bei den Menschen wieder ein klein wenig Vertrauen in die Politik verloren gegangen ist.

oliver.jirosch@gea.de