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Aktuell Verkehr

Gehen der SSB die Fahrer aus?

Bis 2030 müssen 1.000 Stellen neu besetzt werden, doch die SSB stößt dabei an ihre Grenzen

Der SSB fehlen langfristig zahlreiche Bus- und Stadtbahnfahrer. FOTO: LG/PIECHOWSKI
Der SSB fehlen langfristig zahlreiche Bus- und Stadtbahnfahrer. FOTO: LG/PIECHOWSKI
Der SSB fehlen langfristig zahlreiche Bus- und Stadtbahnfahrer. FOTO: LG/PIECHOWSKI

STUTTGART. Der Betrieb der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) »steht und fällt mit seinen Mitarbeitern«, betont der Technische Vorstand Thomas Moser. Umso mehr sieht das städtische Verkehrsunternehmen eine Mammutaufgabe auf sich zukommen. Denn nicht nur kurzfristig fehlt es an Personal – aufgrund zu vieler Überstunden wurde der Fahrplan gekürzt –, sondern auch langfristig drückt der Schuh. Bis zum Jahr 2030 müssen nicht weniger als 1.000 Arbeitsstellen der Bus- und Stadtbahnfahrer neu besetzt werden. Die Zahl der hausinternen Ausbildungsplätze wurde und wird daher weiter gesteigert. Dabei stößt die SSB aber an die eigenen Grenzen.

Die Lage habe sich in den vergangenen Jahren durchaus verschärft, weiß Moser. Verantwortlich dafür sind aus Sicht des SSB-Geschäftsführers mehrere Faktoren. In erster Linie kommen »nunmehr die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter«, so Moser. Zudem seien immer mehr Mitarbeiter auf eigenen Wunsch nur noch in familienfreundlicher Teilzeit angestellt. Und nicht zuletzt haben sich die Anforderungen an die SSB durch die Erhöhung des Fahrtaktes und neuer Linien deutlich erhöht. Dennoch will sich Moser nicht beklagen, sondern vielmehr die großen Herausforderungen annehmen.

Doch die Zahlen sind ernüchternd. Da in den nächsten sieben Jahren 1.000 der rund 1.400 Fahrerstellen neu besetzt werden müssen, entspricht das rund 70 Prozent. Die SSB hat dabei ihre Anstrengungen, Nachwuchs zu generieren, deutlich erhöht. Nicht nur bei der öffentlichen Wahrnehmung als Arbeitgeber, sondern auch im Hinblick auf die Ausbildungsplätze. Denn nach wie vor muss die SSB die eigenen Mitarbeiter selbst ausbilden. Zwar werde jeder Busführerschein an-erkannt, dennoch müssten die neuen Mitarbeiter noch das Streckennetz kennenlernen. Von Grund auf müssen die Stadtbahnfahrer eingelernt werden. »Wir haben in Stuttgart unsere eigenen Fahrzeuge und eine eigene Signaltechnik. Ganz zu Schweigen von der besonderen Topografie mit der Stuttgarter Kessel-lage«, erklärt Moser.

Knapp drei Monate dauert die Ausbildung bei der SSB. Dabei werden die Bewerber von Anfang an nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis geschult. Dazu gibt es im SSB-Zentrum in Möhringen einen Fahrsimulator. »Dort werden die extremen Situationen geübt, die vorkommen können, wie zum Beispiel das richtige Verhalten bei einem Unfall«, erklärt Nils Himmelmann, der Unternehmensleiter bei der SSB für den Betrieb. Das Fahrgefühl und die Streckenkenntnis wird dann auf den Gleisen in der Praxis eingeübt. Das hat zur Folge, dass die Kurse pro Fahrlehrer sehr klein gehalten werden müssen. »Denn nur, wenn alle Teilnehmer freie Sicht auf den Fahrerstand haben, ist auch der Lerneffekt gegeben.« Um dem hohen Personalbedarf gerecht zu werden, baut die SSB das Angebot seit Jahren kontinuierlich aus.

»Ab 2025 werden wir die Anzahl auf acht, also 28 Kurse pro Jahr steigern«, betont Himmelmann. Zudem wird die Zahl der Auszubildenden pro Kurs von vier auf fünf angehoben. Und nicht zuletzt stellt man sogar in der Ausbildung auf einen Zweischichtbetrieb um – von 6.45 bis 22 Uhr. Das ist auch bitter nötig, um die Übungsfahrten zeitlich verteilen zu können.

Die Ansprüche an die Bewerber sind hoch. »Man trägt eine große Verantwortung«, sagt Himmelmann. Neben dem umsichtigen Verhalten im Straßenverkehr und einem technischen Verständnis ist auch der verständnisvolle Umgang mit den Fahrgästen eine Grundvoraussetzung. Denn die Belastung ist groß. »Jede Kreuzung bedeutet Stress, man muss auf ein mögliches Fehlverhalten anderer vorbereitet sein«, schildert der SSB-Betriebsleiter. Dennoch sind die Kurse derzeit komplett ausgebucht. »Das muss auch so bleiben«, hofft Moser. Damit der SSB am Ende die Fahrer nicht ausgehen. (GEA)