STUTTGART. Ein Sonntag mit viel Sonne, da wimmelt das Naherholungsgebiet auf der Waldau mit seinen vielen Sportplätzen, der Kletterhalle, dem Gazi-Stadion, dem Fernsehturm, den Wegen im Wald vor Menschen. Normalerweise. Doch nicht an diesem Sonntag.
Unweit der Stadtbahn-Haltestelle Ruhbank liegt eine 240 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die an diesem Tag entschärft werden soll. Das Gebiet muss weitläufig geräumt sein. Bereits am frühen Morgen hat die Polizei damit begonnen, die etwa 300 Anwohner und die Geflüchteten aus einer nahe gelegenen Unterkunft in Sicherheit zu bringen. Auch auf Pferden sind die Beamten im Einsatz, streifen durch die Waldwege, damit niemand auch nur ansatzweise in Gefahr gerät.
Stadtbahn kann nicht fahren
Auch der öffentliche Nahverkehr ist betroffen, die Stadtbahnlinien U7, U8 und U15 sowie die Buslinie 70 konnten zwischenzeitlich nicht fahren. Zudem waren die Mittlere Filderstraße, die Kirchheimer Straße und die Jahnstraße vorübergehend gesperrt. Eigentlich sollte die Sperrung gegen 14 Uhr wieder aufgehoben sein. Eigentlich. Doch der Kampfmittelbeseitigungsdienst konnte die Bombe nicht entschärfen. Um die Mittagszeit entschied man ich für eine kontrollierte Sprengung. Um 13.15 Uhr folgte der erste Versuch, ein Knall war zu hören. Dann aber die Nachricht, die Sprengung war nicht erfolgreich; die Bombe ist weiterhin gefährlich.
Eine frustrierende Nachricht für viele Stuttgarter, sie warteten schon darauf, endlich kicken zu können, zu radeln, mit dem Hund Gassi gehen zu können, oder spazieren zu gehen. Eine Gruppe von Kletterern brauchte auch Geduld, sie hatten eigentlich einen Kurs in der Kletterhalle gebucht. »Man bekommt halt keine Infos«, sagt eine von ihnen frustriert.
Kurz zuvor war ein Polizeiauto mit Lautsprecheransagen durchgefahren und hatte darüber informiert, dass eine zweite Sprengung notwendig sei. Ein paar Sportler vom ABV Stuttgart warten ebenfalls an der Straße. Sie hätten um 15 Uhr gegen die Spvgg Cannstatt spielen sollen. Auch das Spiel ist aufgeschoben. Gut ist die Stimmung hingegen beim Eiswagen an der Ecke zur Löwenstraße. Normalerweise stehe er immer an der Schule, sagt der Verkäufer. »Aber wo die Leute sind, verkaufe ich Eis.« Um 15.30 Uhr dann der zweite Versuch, der Knall war wesentlich lauter. Und tatsächlich, dieses Mal war man erfolgreich, von der Bombe geht keine Gefahr mehr aus. Es dauerte aber dann noch einige Zeit, bis der Einsatz endgültig beendet war.
Absperrbänder am Fernsehturm
Damit ging ein langer Tag für die Helfer zu Ende. Früh am Sonntagmorgen waren sie bereits unterwegs. Die Sonne strahlte auf die Waldau hinab, Vögel zwitscherten in den Bäumen. Das idyllische Bild des perfekten Frühlingstages durchschnitten nur Absperrbänder – und die ungewöhnlich hohe Anzahl von Polizisten, die an diesem Morgen um das Gebiet herum im Einsatz waren. Auf Fahrrädern, in SUVs, zu Fuß sind sie unterwegs. Ihre Mission: Sicherstellen, dass auf den vielen Waldwegen, Straßen und in den Sportstätten und am Fernsehturm niemand unterwegs war. Um 10 Uhr durfte niemand mehr in dem gesperrten Gebiet unterwegs sein. Außer den Sicherheitsbehörden und den Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes. Der Dienst hatte die Bombe zuvor bei Sondierungsarbeiten gefunden. Die Widerspenstigkeit der Bombe zeigt denn auch, wie berechtigt die Warnungen und die Vorsicht waren. (GEA)