REUTLINGEN. Nun wird es also in Deutschland doch keine verpflichtende Gesundheitsprüfung für ältere Autofahrer geben. Das EU-Parlament hat die Entscheidung über dieses heikle Thema den Mitgliedsstaaten überlassen. Und Verkehrsminister Wissing hat bereits signalisiert, dass er in dieser Frage nichts von staatlichen Vorgaben hält. Eine weise Entscheidung des EU-Parlaments, die Mitgliedsstaaten in die Pflicht zu nehmen. Denn dabei geht es nicht nur um Unfallzahlen, sondern auch darum, wie man mit älteren Menschen umgeht, um soziale Teilhabe von Senioren und wie weit sich der Staat einmischen soll.
Natürlich ist es ein gutes und berechtigtes Anliegen der EU, die Todeszahlen im Straßenverkehr zu halbieren. Auch ist nicht von der Hand zu weisen ist, dass Senioren zwar seltener an Unfällen beteiligt sind, die Unfälle dafür aber schwerer ausfallen. Insofern kann man daraus eine Handlungsempfehlung herauslesen. Dennoch ist es aber nicht so, dass jeder ältere Autofahrer grundsätzlich ein hohes Risiko für den Straßenverkehr darstellt. Es gibt Menschen, die können auch noch mit 80 Jahren hervorragend Auto fahren. Das Risiko ist sehr individuell. Zudem geht es aber auch darum, wie geht der Staat generell mit älteren Menschen um. Behandelt er sie bevormundend oder setzt er auf die Eigenverantwortung. Wer älteren Menschen das Gefühl geben will, dass sie dazugehören, sollte also von generellen Gesundheitsprüfungen absehen. Zumal es nur für noch mehr Bürokratie sorgt und die Kosten fürs ohnehin teure Autofahren noch weiter erhöht.
Die Europäische Union wird oft dafür kritisiert, dass sie für überbordende Bürokratie sorgt. In diesem Fall ist es ein Beispiel für eine weise Entscheidung. Sie lässt ausreichend Spielraum für die verschiedenen Kulturen in Europa im Umgang mit älteren Menschen und schafft einen Rahmen, um eine gute Balance zu finden zwischen Sicherheit und individueller Freiheit.