Mit ihm geht nicht. Ohne ihn geht erst recht nicht. Der türkische Präsident Erdogan ist ein schwieriger Gast, sein Besuch in Deutschland am gestrigen Freitag ist umstritten. 2.800 Polizisten schützten den Politiker, auch vor Demonstranten. Trotzdem war es richtig von Kanzler Scholz, den Nachbarn einzuladen.
Erdogan-Besuche sind immer Aufreger. Sei es, weil er im Wahlkampf die Deutsch-Türken umwirbt. Oder weil er im Gazakrieg die Hamas verteidigt. Erdogan sieht die palästinensische paramilitärische Kampfeinheit als »Befreiungsorganisation«, der deutsche Staat sieht sie als »Terrororganisation«. Umgekehrt verurteilt Erdogan Israel als »Terrorstaat«, für den deutschen Staat gehört Israels Sicherheit zur Staatsräson. Bei so viel Uneinigkeit ist der Konflikt vorprogrammiert.
Die Nähe der Türkei zur Hamas birgt aber auch Potenzial für Lösungen. Als Brückenstaat zwischen dem Westen und der islamischen Welt könnte die Türkei im Nahost-Konflikt vermitteln. So wie sie zwischen Russland und der Ukraine vermittelt hat - damals ging es um Getreide, jetzt geht es um Geiseln. Erdogans gute Beziehungen zum russischen Präsidenten Putin sind für Europa jedoch nicht bloß Chance, sondern auch Gefahr. Könnte die Türkei sich doch vom Westen ab- und Russland sowie China zuwenden. Das gilt es zu verhindern. Denn Deutschland braucht die Türkei. Nicht zuletzt, um die illegale Migration über das Mittelmeer einzudämmen. Im Gegenzug will Erdogan Milliarden, Waffen und Visa. Kein sauberes Geschäft, aber ein notwendiges. Genauso wie die Beziehung zwischen Deutschland und der Türkei.