REUTLINGEN. Die elektronische Patientenakte startet. Zumindest im Kleinen: statt in ganz Deutschland nur in drei Regionen. Der große Wurf von Gesundheitsminister Lauterbach hat eine Schrumpfkur bekommen. Und zwar mit gutem Grund.
Die E-Akte wurde heftig beworben: Der Arzt soll die Krankengeschichte des Patienten einsehen können, mit allen Erkrankungen, Untersuchungen und Behandlungen. Das erspart Mehrfach-Untersuchungen, verhindert Medikamenten-Wechselwirkungen und erleichtert Arzt-Wechsel. Wer nicht alle Informationen preisgeben will, der kann den Zugriff einschränken. Der Patient erhält eine bessere Gesundheitsversorgung und bleibt Herr seiner Daten. So das Versprechen.
Doch es gibt Zweifel. Der Chaos Computer Club kritisierte bereits im letzten Sommer eine Sicherheitslücke. Die Daten aller 70 Millionen Patienten könnten von Hackern abgegriffen werden. Für das IT-System hinter der E-Akte ist eine staatliche Agentur zuständig, sie hat das Problem bislang nicht gelöst. Trotzdem wird das unausgereifte Produkt eingeführt. Damit verspielt die Rest-Ampel das Vertrauen der Patienten. Man male sich nur aus, sensible Gesundheitsdaten wären öffentlich. Nimmt der Arbeitgeber einen Bewerber mit Depression, die private Krankenversicherung mit Krebs, der Sportverein mit HIV? Wohl eher nicht. Dennoch hält Lauterbach am bundesweiten Rollout im März oder April fest. Mal schauen, ob es so weit kommt. Bis dahin sind die Ampel-Regierung und der SPD-Minister wohl Geschichte. Und mit ihm womöglich auch sein Prestigeprojekt. Zumindest vorläufig. Bis das System weiterentwickelt und marktreif ist, könnten weitere Jahre vergehen. (GEA)