REUTLINGEN. Dem ukrainischen Militär ist ein beeindruckender Coup gelungen. In einer von langer Hand geplanten Geheimdienstoperation gelang es, russische Flughäfen weit im Osten des Landes zu attackieren und Putins Luftwaffe empfindlichen Schaden zuzufügen. Die Einschränkung der Angriffsfähigkeit mittels Flugzeuggestützter-Marschflugkörper ist ein wirksamer Schutz für die ukrainische Zivilbevölkerung und ein starkes Argument für ernstgemeinte Verhandlungen.
Putin spielt auf Zeit
Ein solcher Angriff nur einen Tag vor Beginn der Verhandlungen in Istanbul ist zugegebenermaßen eine gewagte Aktion. Vordergründig dürfte er die russische Delegation kaum kompromissbereiter stimmen. Doch die bislang vorgebrachten Maximalforderungen Moskaus, mit weiteren Gebietsabtretungen und einer weitgehenden Entwaffnung der Ukraine, sind ohnehin nicht dazu bestimmt einen Konsens zu erzielen. Sie dienen in erster Linie Putins Spiel auf Zeit, während dem er versucht, die USA und die Europäer weiter zu entzweien.
Ukraine muss Schlachtenglück wenden
Solange Russland auf dem Schlachtfeld Erfolge erzielt, hat Putin keinen Grund, erzielte Geländegewinne am Verhandlungstisch zu Disposition zu stellen. Russland funktioniert in der Kriegswirtschaft deutlich besser und ausdauernder als es sich der Westen vorzustellen vermochte. Der wirtschaftliche Zusammenbruch steht trotz Sanktionen nicht unmittelbar bevor. Nur wenn Europa die Ukraine militärisch in die Lage versetzt, das Schlachtenglück zu wenden und das eigene Staatsgebiet schrittweise zurückzuerobern, hat Putin einen ernsthaften Grund für Verhandlungen. Erst wenn jeder Tag Gebietsverluste für ihn bedeutet, ist der Kremlherrscher wirklich motiviert, einen schnellen Frieden am Verhandlungstisch zu suchen.