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Diplomatie: Deutschland steht im Abseits

Ukrainischer Präsident Selenskyj in den USA
Klare Körpersprache: Selenskyj (l.) hört die Zurechtweisung durch den US-Präsidenten Trump und dessen Vize J.D. Vance. Foto: Mystyslav Chernov/DPA
Klare Körpersprache: Selenskyj (l.) hört die Zurechtweisung durch den US-Präsidenten Trump und dessen Vize J.D. Vance.
Foto: Mystyslav Chernov/DPA

Demütigungen gab es in der Außenpolitik schon viele. Saudis, die dem damaligen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) den Handschlag verweigerten, weil er schwul war. Der russische Außenminister Sergej Lawrow, der während einer Rede seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock den Raum verließ, oder auch der russische Präsident Wladimir Putin, der einen Labrador zum Treffen mit der an einer Hundephobie leidenden Kanzlerin Angela Merkel mitbrachte. Doch die Zurechtweisung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj durch US-Präsident Donald Trump hat eine neue Qualität. Der Vorfall zeigt, was den mutmaßlich neuen deutschen Kanzler Friedrich Merz auf der Weltbühne erwartet.

»Die Welt wartet nicht auf Deutschland«, sagte CDU-Chef Merz kürzlich. Er wollte damit auf die Notwendigkeit einer zügigen Regierungsbildung hinweisen. Der Satz enthält mehr bittere Wahrheit, als den Deutschen gerade lieb sein kann. Denn auf europäischer und internationaler Bühne wartet seit gut drei Jahren kaum jemand auf Berlin. Den Kontrahenten im Nahost-Konflikt waren die deutschen Beiträge keines Blickes wert. Selbst vermeintlich einfache Heimspiele wie die weitere Anbindung der Westbalkanstaaten gingen verloren.

Wenn er davon ausgeht, dass Deutschland wieder bei den Großen mitspielen darf, sobald die neue Regierung steht, macht Merz einen Fehler. Verlorengegangenes Vertrauen muss erst wieder aufgebaut werden. Da legt sich nicht plötzlich ein Schalter um, sobald der Kanzler seinen Amtseid abgelegt hat. Das geht nur Schritt für Schritt und ist ein mühsamer, anstrengender Prozess mit vielen Reisen und langen Sitzungen.

 

politik@gea.de