Logo
Aktuell Kommentar

Die Zeiten in Deutschland werden unruhig

Die Wahl Michael Kretschmers erst im zweiten Wahlgang zeigt: Die Zeiten der satten Mehrheiten sind vorbei. Das muss nicht nur schlecht sein, meint GEA-Politikredakteur Oliver Jirosch.

Erleichterung bei  Michael Kretschmer (CDU, links)  der im zweiten Wahlgang zum Ministerpräsidenten in SAchsen gewählt wurde.
Erleichterung bei Michael Kretschmer (CDU, links) der im zweiten Wahlgang zum Ministerpräsidenten in SAchsen gewählt wurde. Foto: Robert Michael/dpa
Erleichterung bei Michael Kretschmer (CDU, links) der im zweiten Wahlgang zum Ministerpräsidenten in SAchsen gewählt wurde.
Foto: Robert Michael/dpa

REUTLINGEN. Es würde eine enge Kiste - das war vorher klar. Aber der Schreck fuhr dennoch allen in die Glieder, als Michael Kretschmer (CDU) im ersten Wahlgang nicht zum Ministerpräsidenten Sachsens gewählt wurde. Die Sorge war groß vor einer Finte der AfD, mit der die Rechtspopulisten im zweiten Durchgang den Kandidaten einer anderen Partei auf den Sessel des Ministerpräsidenten hätten hieven können. Der Fall von FDP-Mann Thomas Kemmerich in Thüringen lässt grüßen. Dietmar Woidke in Brandenburg hatte es vor zwei Wochen in Brandenburg auch erst im zweiten Durchgang geschafft. Das alles zeigt: Auf Deutschland kommen unruhige Zeiten zu.

Lebhafte Diskussionen

Sicher ist: Die Zeiten der satten Mehrheiten sind vorüber in dieser Republik. Auch die, in denen zwei Parteien eine stabile Regierungskoalition bilden konnten. Es werden auch im Hinblick auf die Bundestagswahl vielleicht nicht unsichere, aber sicher doch unruhigen Zeiten auf uns zukommen. Das mag man bedauern, muss man aber nicht. Es kann nämlich auch bedeuten, dass temperamentvolle Diskussionen und ein hartes Ringen um Kompromisse auf uns zukommen. Das muss nichts schlechtes heißen. Michael Kretschmer hat in Sachsen jedenfalls keine eigenen Mehrheit und muss sich auf zähes verhandeln einstellen, um eigene Ziele durchzusetzen.

Ewige Brandmauern

Dass es keine stabilen Mehrheiten mehr gibt, daran sind oft auch die Parteien selbst schuld mit ihren Brandmauern und Unvereinbarkeitsbeschlüssen. Das heißt nämlich auch, den Willen eines Teils der Wähler zu ignorieren. Eine Zusammenarbeit mit der Linken schließt die CDU aus. Allerdings wurde ihr Michael Kretschmer nun aller Wahrscheinlichkeit nach mit deren Hilfe gewählt. Und auch wenn es einige nicht gerne hören: Die in Teilen immer noch rechtsextremistische AfD hat sich in sehr unappetitlicher Weise zur Flüchtlingskrise geäußert. Doch ohne ihr Vorpreschen hätten sich die anderen Parteien bei diesem Thema sicher nicht so schnell bewegt.

oliver.jirosch@gea.de