Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie (eher Tragik), dass sich von heute an in Davos die globale Elite aus Staats- und Regierungschefs, Konzernbossen und Wissenschaftlern trifft, um beim Weltwirtschaftsforum (WEF) über »Zusammenarbeit für das intelligente Zeitalter« (»Collaboration for the Intelligent Age«) zu beraten, während zugleich in Washington Donald Trump ins Amt eingeführt wird. Schon wieder.
Der Mann will etwas ganz anderes, ein »goldenes Zeitalter« für Amerika. Zusammenarbeit steht nicht auf der Agenda. Dafür methodisches Lügen. Mit dem Zweck, demokratische, auf Fakten basierende Prozesse unmöglich und den Rechtsstaat verächtlich zu machen. Dass es künftig auf diesem Planeten schlauer zugehen wird, darf man getrost ausschließen. Schließlich: Ein Zeitalter würde eine gewisse Beständigkeit voraussetzen (da raunt immer historische Größe mit), dabei ist doch das Gegenteil ab heute Programm: Zerrüttung. Das Ziel: eine neue Weltordnung. Autoritäre Stärke als Mittel. Regeln: überschätzt. Schöne Grüße nochmals nach Grönland.
Auf dem Weltwirtschaftsforum werden Jahr für Jahr Führungskräfte aus aller Welt zusammengeflogen. Sie reden und planen miteinander, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Dass dabei mit der Vermietung von Luxuschalets inzwischen offenbar 500.000 Euro pro Woche aufgerufen werden können – geschenkt. Dass die alljährlichen Beratungen zuletzt wenig gebracht haben, sollte indes allen zu denken geben.
Für mindestens vier Jahre ist es ohnehin zu spät. Ab heute diktiert genau ein Mann, was global geht: Donald Trump. Der Rest der Welt wird reagieren, sich irgendwie dazu verhalten müssen. Als erster Programmpunkt ist folgerichtig auch eine Art Public Viewing von dessen Inauguration vorgesehen, bevor der Führer der ehemals freien Welt am vierten Davos-Tag höchstselbst zugeschaltet wird.
Staatliche Konflikte
Wie viele Dekrete er bis dahin erlassen haben wird, ob sich die EU mit Zöllen von bis zu 20 Prozent und China von bis zu 60 Prozent konfrontiert sieht – abwarten. Interessant wird sein, zu beobachten, wie sich wer bei der Trump-Exegese im Schweizer Gebirge präsentiert. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht am Dienstag – und macht hoffentlich glasklar, dass sich die EU-Staaten nicht auseinanderdividieren lassen.
Der stellvertretende chinesische Ministerpräsident Ding Xuexiang folgt ihr auf der Bühne – und wird Hinweise zur chinesischen Reaktion geben. Wolodymyr Selenskyj ist angekündigt, er wird weiter kämpfen. Bundeskanzler Olaf Scholz soll kommen, genau wie sein wahrscheinlicher Nachfolger Friedrich Merz. Sie alle treffen auf Vertreter der amerikanischen Delegation. Wie zahlreich diese erscheint, dürfte auch einen Hinweis darauf geben, wie gering die Chancen des Multilateralismus künftig sind.
Gipfeltreffen wie das im mondänen Davos sind wegen der (Klima)-Kosten und des Aufwands (5.000 Armeeangehörige schützen die Konferenz) stets umstritten. Diese Kritik geht fehl, denn nichts ersetzt das persönliche Gespräch. Zumal das diesjährige Motto natürlich explizit als Antwort auf die unbedingten Ansprüche des gewaltigen Abwesenden zu verstehen ist.
Kurz vor Davos werden regelmäßig Wirtschaftslenker, Analysten und politische Entscheidungsträger zum größten globalen Risiko befragt. Am häufigsten genannt wurden »staatliche Konflikte«. Das ist das Zeitalter, in dem sich die Welt tatsächlich befindet.