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»Die meisten Häftlinge brauchen einen Psychiater«

Klimapater Jörg Alt äußert sich nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis über seine Hafterfahrungen

Jesuitenpater Jörg Alt ist wieder auf freiem Fuß.  FOTO: LÖB/DPA
Jesuitenpater Jörg Alt ist wieder auf freiem Fuß. FOTO: LÖB/DPA
Jesuitenpater Jörg Alt ist wieder auf freiem Fuß. FOTO: LÖB/DPA

NÜRNBERG. Klimapater Jörg Alt hat seine 25-tägige Ersatzfreiheitsstrafe für die Beteiligung an einer Straßenblockade der »Letzten Generation« verbüßt und ist nun wieder in Freiheit. »Vor zwei Stunden, um 8.07 Uhr, endete meine 25-tägige Ersatzfreiheitsstrafe als Gefangener mit der Häftlingsnummer 740/25 in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg«, schrieb der Jesuitenpater am Freitag dem GEA. »Ich wurde gut behandelt, entsprechend ging und geht es mir gut, zumal ich stets wusste, dass ich die Haft für einen guten Zweck absitze. Ich bin dankbar für diese Zeit«, bilanziert der Geistliche.

»Ich wurde gut behandelt, entsprechend geht es mir gut. Ich bin dankbar für diese Zeit«

Gleichzeitig habe die Zeit im Gefängnis zu Gedanken über das Rechtssystem angeregt, schreibt Alt: »Ich war insofern ein typischer Gefangener, weil die meisten, die ich in Haus E der Justizvollzugsanstalt antraf, eigentlich nicht dorthin gehören.« Er zitiert einen Vollzugsbeamten: »Die meisten gehören psychiatrisch behandelt, die anderen brauchen einen Streetworker, und der kleine Rest gehört hierher.«

Ein Mitarbeiter aus dem Betreuungsbereich habe ihm gesagt: »Die, die hier sitzen, sind nur Kleinkriminelle. Würde man mit ähnlicher Energie die Großkriminellen sanktionieren, hätte man hier eine deutlich andere Zusammensetzung.« Als »einzigen deprimierenden Moment in der Haft« bezeichnet Alt die Pressekonferenz der zukünftigen Koalitionspartner, in der nur ganz am Ende von »Klima« die Rede war und der »Globale Süden«, für den sich Alt seit vielen Jahren einsetzt, nicht vorkam.

Alt bedankte sich in dem Statement bei Häftlingen und Vollzugsbeamten, die ihn sehr gut aufnahmen und ihn – von zwei Ausnahmen abgesehen – in seinem Tun ermutigten. »Besonders deutlich äußerten ihre Zustimmung Häftlinge und Wärter, die eine Familie mit kleinen Kindern haben«, schreibt Alt. »Die 25 Tage hinter Gittern waren insofern erholsam, als dass ich dort 25 Tage keine Drohungen, keinen Hass und keine Beleidigungen zu hören bekam. Insofern habe ich das Internet, E-Mails und vor allem Kommentare auf Social Media überhaupt nicht vermisst«, schreibt Alt.

»Die Tage hinter Gittern waren erholsam, weil ich dort keinen Internet-Hass zu hören bekam«

Er bat um Verständnis, dass er derzeit keine weiteren Interviews zu seiner Haftzeit geben wolle. Er brauche einen Monat Zeit, um die vielen ungewohnten Eindrücke sortieren zu können.

Der juristische Ärger ist für den Philosophen und streitbaren Ordensmann jedoch noch nicht beendet. Bereits am 6. Mai wird am Amtsgericht Nürnberg erneut gegen ihn verhandelt. Für eine Rede, die er bei einer Klebe-Blockade der »Letzten Generation« vom Bürgersteig aus gehalten hat, ist er wegen Beihilfe zur Nötigung angeklagt. (GEA)