REUTLINGEN. Die deutsche Sicherheitslage hat sich verändert: Putin könnte bald Nato-Gebiet angreifen. Dann auf Waffenhilfe von Trump zu vertrauen, wäre naiv. Deutschland und Europa müssen sich selbst verteidigen können. Die Zeitenwende ist in den Köpfen angekommen. Union, SPD und Grüne haben per Grundgesetzänderung den Weg freigemacht für eine faktisch unbegrenzte Schuldenaufnahme zur Aufrüstung. Die Bundeswehr braucht aber nicht nur Waffen, sondern auch Soldaten.
Daran hapert es: 180.000 Soldaten leisten aktiv Dienst, 34.000 Reservisten nehmen regelmäßig an Übungen teil. Das ist zu wenig: Jeder vierte Dienstposten ist unbesetzt, die Nato plant mit 460.000 deutschen Soldaten. Dem Personalproblem will Verteidigungsminister Pistorius (SPD) auf freiwilliger Basis beikommen: Alle 18-Jährigen werden nach Motivation und Fitness befragt, unter den Interessierten werden 5.000 pro Jahr rekrutiert. Das reicht nicht. Die Bundeswehr muss schneller mehr Leute einstellen. An der Wehrpflicht führt kein Weg vorbei. Doch Union und SPD trauen sich nicht, diese unbequeme Wahrheit auszusprechen.
Noch ist die Rede von Abschreckung. Doch im Ernstfall geht es um Verteidigung. Dann müssen junge Menschen kämpfen, das eigene Leben riskieren und das Leben anderer auslöschen. Ist Deutschland dazu bereit? Dafür braucht es eine gesellschaftliche Diskussion. Die Schwere dieser Entscheidung ließe sich durch eine weitere Grundgesetzänderung abfedern: Die Wehrpflicht würde erweitert zur Dienstpflicht inklusive Zivildienst. Die Dienstpflicht würde nicht nur Männer, sondern auch Frauen betreffen. Zum Dienst an der Waffe wird weiterhin niemand gezwungen. Wer nicht will, kann verweigern. Dieses Recht garantiert die freiheitlich-demokratische Grundordnung. (GEA)