Der Kampf ums Weiße Haus wird mit einer solchen Unversöhnlichkeit geführt, dass schon lange die Sorge mitschwang, diese Aggression könnte in Gewalt umschlagen – ob vor oder nach der Wahl. Nun sind Schüsse gefallen. Auf Donald Trump. Vor den Augen der Welt.
Noch im Moment des Schocks dachte der 78-Jährige an die Wahl, reckte instinktiv seine Faust nach oben und rief das Publikum dazu auf, zu kämpfen. Es ist jenes Bild, das bleiben wird. Trump wurde getroffen. Trump hat überlebt. Wie kein anderer weiß der Ex-Präsident um die Macht der Bilder.
Auf den Schock folgt die Frage: Kommen die Amerikaner nun zur Besinnung oder ist das Land endgültig von Sinnen? Und selbst wenn es angesichts dieser blutigen Tat pietätlos wirken mag, geht es auch darum, ob dieser Tag die Präsidentschaftswahl entschieden hat.
Trumps Fans werden noch geschlossener, womöglich auch aggressiver hinter ihm stehen. Der entscheidende Punkt – neben dem Motiv des Täters – wird bis zur Wahl im November sein, welche Schlüsse die umworbene Mitte der US-Gesellschaft aus diesem Tag ziehen wird. Sehen unentschlossene Wählerinnen und Wähler in Trump nun das Opfer einer politischen Hetzjagd oder eher einen Mann, der jene Brutalisierung der Auseinandersetzung erst entfacht hat?
Es wäre jedenfalls der Moment für alle politischen Lager – auch in Europa übrigens – innezuhalten. Wenn wir politischen Streit nicht mehr mit demokratischen Mitteln, mit Argumenten, mit der Bereitschaft zum Kompromiss führen und mit dem Bekenntnis, Mehrheiten zu akzeptieren, dann wird es düster auf dieser Welt.