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Aktuell INTERVIEW

»AfD ist eine Gefahr für unser Land«

CSU-Generalsekretär Martin Huber über die Bedrohung von rechts und Politik für die Mitte der Gesellschaft

CSU-Generalsekretär Martin Huber sieht Grenzkontrollen und Zurückweisungen als Erfolg an.  FOTO: WILLNOW/DPA
CSU-Generalsekretär Martin Huber sieht Grenzkontrollen und Zurückweisungen als Erfolg an. FOTO: WILLNOW/DPA
CSU-Generalsekretär Martin Huber sieht Grenzkontrollen und Zurückweisungen als Erfolg an. FOTO: WILLNOW/DPA

BERLIN. Die Union hat sich vorgenommen, die AfD kleinzuregieren. In den Umfragen legte sie zuletzt zu. CSU-Generalsekretär Martin Huber erklärt, warum ihm das keine Sorgen macht, wie die Koalition die bürgerliche Mitte stärken will und was Grenzkontrollen bewirken.

GEA: Herr Huber, auf Ihrer Homepage steht: »Für Altötting, für Bayern – und vor allem für Morgen.« Morgen ist: Klimawandel, Pflegekräftemangel, niedrige Renten. Wieso lohnt sich »Morgen« für die jüngere Generation?

Martin Huber: Wir wollen das Land für die junge Generation wieder in Schwung bringen. Wir packen die Themen so an, dass sie die Gesellschaft nicht spalten. Deswegen setzen wir Klimaschutz nicht mit der Brechstange durch, sondern verbinden ihn mit Innovation und Wertschöpfung. Es bringt nichts, der jungen Generation in 20 Jahren eine klimaneutrale Wirtschaftsruine zu hinterlassen. Deshalb gibt es jetzt eine Hightech-Agenda für Deutschland, nach dem Vorbild der bayerischen Hightech-Agenda von Markus Söder. Was Rente und Pflege angeht: Wir führen die Frühstart-Rente als zusätzliche Säule in der Altersversorgung ein, das kommt jungen Menschen ebenfalls zugute. Zudem wollen wir Fachkräfteeinwanderung erleichtern, wie mit der bayerischen Fastlane, Strukturreformen angehen und den Pflegeberuf attraktiver machen. Und wir bringen die Infrastruktur wieder auf Vordermann.

Die Kosten dafür bürden wir dann der jüngeren Generation in Form von Rekordschulden auf?

Huber: So einfach ist das nicht. Auch Infrastruktur, die nicht instand gehalten wird, ist nichts anderes als eine verdeckte Verschuldung. Deswegen packen wir mit dem Sondervermögen die notwendigen Investitionen an: etwa in Schulen, Universitäten, Straßen, Schienenverkehr. Das stärkt gleichzeitig die Wirtschaft. Wichtig ist auch, dass wir in die Strukturen vor Ort investieren. Deshalb gibt es 100 Milliarden Euro für die Länder und Kommunen. Daraus können wir beispielsweise Kindertageseinrichtungen finanzieren.

Wie schnell können die Länder dieses Geld auf die Straße bringen?

Huber: Es ist wichtig, dass die Länder und Kommunen gewisse Freiheiten haben, wie sie das Geld investieren. Gerade in den Kommunen ist vieles schon in der Pipeline. Wir wollen damit einerseits die Wirtschaft stärken. Andererseits geht es uns darum, das Grundvertrauen der Menschen in Staat und Politik zu stärken. Bei Themen wie Migration oder Wirtschaft haben viele Menschen zuletzt den Eindruck gehabt, dass sich die Politik nicht um die Themen kümmert, die sie bewegen. Das ändern wir in der neuen Regierung. So werden wir die bürgerliche Mitte wieder stärken.

Das scheint nicht so einfach zu sein. In den letzten Umfragen hat die AfD wieder zugelegt.

Huber: Umfragen sind immer Momentaufnahmen. Es gibt auch andere Erhebungen. Wir spüren starken Rückhalt und generell merken wir, dass der Zuspruch von den Bürgerinnen und Bürgern wächst und ein Stimmungswechsel im Land stattfindet. Maßnahmen wie die Grenzkontrollen und Zurückweisungen oder die Abschiebungen nach Afghanistan tragen dazu bei. Wenn ich auf den Freistaat Bayern verweisen darf: Bei uns ist die Migrationswende mit Zahlen greifbar. Wir haben im ersten Halbjahr dieses Jahres mehr freiwillige Ausreisen und Abschiebungen als neue Asylanträge. Das liegt definitiv auch an der von Markus Söder eingeführten Bezahlkarte, die jetzt endlich auch bundesweit kommen muss.

Trotzdem legt die AfD zu und hat in einem Strategiepapier ausformuliert, dass sie die Union überholen will. Halten Sie das für realistisch?

Huber: Genau deshalb müssen wir mit guter und kluger Politik die Lebenswirklichkeit der Menschen aufgreifen, um die AfD klein zu regieren. Die AfD ist eine Gefahr für unser Land. Über einen Nato-Austritt zu schwadronieren, bedeutet nichts anderes, als Putin unser Land auf dem Silbertablett zu servieren. Eine Partei wie die AfD, die sich nicht mehr in der Lage sieht, die Mullahs in Teheran zu kritisieren, zeigt doch nur, dass sie ein komplettes Irrlicht ist, was die Außenpolitik betrifft.

Die strengere Asylpolitik hat dazu geführt, dass die Grenzen dicht sind. Ist das Versprechen eines freien Europas ohne Grenzen Geschichte?

Huber: Die Grenzen sind nicht geschlossen, sie werden kontrolliert. Das ist notwendig, weil der Schutz der Europäischen Außengrenzen bislang nicht funktioniert. In der Folge ist das Thema Migration dem Land über den Kopf gewachsen. Mit den Zurückweisungen gehen wir gegen die illegale Migration vor. Der Rückgang der Migrationszahlen zeigt: Die Grenzkontrollen wirken. Das ist der versprochene Politikwechsel in der Migration. Bisher war Deutschland in Europa isoliert. Jetzt ist das Gegenteil der Fall.

Differenzen zwischen den Regierungspartnern gibt es beim Thema Bürgergeld. Wie bewerten Sie den Zustand der Koalition? Hält sie durch?

Huber: Die Bundesregierung arbeitet gut und vertrauensvoll zusammen. Wenn unterschiedliche Parteien koalieren, gibt es eigene Positionierungen. Das ist nicht ungewöhnlich. Aber jeder weiß, welche Verantwortung wir haben. Deshalb setzen wir nun die Migrationswende um und schaffen das Bürgergeld ab. Da muss sich grundlegend etwas ändern, das ist auch im Koalitionsvertrag klar verankert. Jetzt warten wir auf den Vorschlag aus dem Bundesarbeitsministerium. Aber völlig klar ist, dass beim Bürgergeld enormes Einsparpotenzial gegeben ist.

Der Name Bürgergeld hält sich eisern in der öffentlichen Debatte. Könnte die Union damit leben, dass er bleibt?

Huber: Der Name Bürgergeld ist verbrannt. Studien zeigen, wie unattraktiv Arbeiten durch das Bürgergeld teilweise geworden ist und dass es Fehlanreize setzt. Wir haben deshalb durchgesetzt: Das Bürgergeld wird abgeschafft und durch eine neue Grundsicherung ersetzt. Wir senden ein Signal an die Menschen ins Land, dass sich Arbeit wieder lohnt und Politik für die Mitte der Gesellschaft gemacht wird. (GEA)

 

ZUR PERSON

Martin Huber sitzt seit 2013 für die CSU im bayerischen Landtag. Im Mai 2022 wurde Huber Generalsekretär seiner Partei. Er hat in dieser Funktion unter anderem den Koalitionsvertrag zwischen der Union und der SPD mitverhandelt. (GEA)