Der Intendant des Schauspiel Köln, Stefan Bachmann, wechselt 2024 an die Spitze des Wiener Burgtheaters. Das gab Österreichs Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer am Mittwoch bekannt. Der 56 Jahre alte Schweizer Regisseur und Theatermanager löst in Wien den Österreicher Martin Kušej (61) ab.
Mayer zollte Kušej Respekt dafür, die traditionsreiche Bühne in seiner ersten und gleichzeitig letzten Amtszeit durch die schwierige Corona-Phase geführt zu haben. Doch am Ende habe Bachmann mehr überzeugt: »Künstlerisch, als Führungspersönlichkeit, und weil er mit Innovation und mit Freude an die Dinge herangeht«, sagte sie.
Er spricht in Köln ein jüngeres Publikum an
Bachmann erzählte am Mittwoch in Wien, dass sich seine klassische Sicht auf das Theater in Köln geöffnet habe. Der Umbau des Kölner Schauspielhauses habe ihn gezwungen, eine alternative Spielstätte im industriell geprägten Stadtteil Mülheim aufzubauen, wo er ein jüngeres und bunteres Publikum vorfand. Was Bachmann mit der Interimsspielstätte geschaffen habe, sei »einzigartig und ringt mir den größten Respekt ab«, sagte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos). Der Kölner Kulturdezernent Stefan Charles sagte, der Ruf nach Wien sei »eine unglaublich große Ehre« sowohl für Bachmann als auch für Köln.
»Ich komme jetzt an ein Haus, das altehrwürdig ist, das voller Geschichte ist, das einen erhabenen und manchmal sogar etwas furchteinflößenden Eindruck macht«, sagte Bachmann über das ehemals kaiserliche Hoftheater in Wien. Er wolle auch hier Schwellen abbauen und einer sich verändernden Gesellschaft Angebote machen, sagte er.
Kušej war 2019 von der Spitze des Bayerischen Staatsschauspiels in München mit ähnlichen Plänen nach Wien gewechselt. Seine Idee eines offenen, internationaleren Theaters konnte er aber wegen der Pandemie nur teilweise umsetzen und hatte mit Besucherschwund zu kämpfen. Kritiker warfen ihm vor, dass er während der Schließungen kaum Online-Angebote entwickelt habe. Medien berichteten auch, dass sein Führungsstil zu einer schlechten Stimmung im Haus beigetragen habe.
Martin Kušej weist die Vorwürfe zurück
»Nichts davon ist wahr. Es wurde teilweise gelogen, dass sich die Balken biegen«, sagte Kušej am Mittwoch dem Sender ORF zu diesem Vorwurf. »Eigentlich ist alles ziemlich gut am Burgtheater, und ich verstehe das nicht ganz, warum das so gekommen ist«, sagte er zur Frage, warum Mayer seine Bewerbung um eine zweite Amtszeit schließlich abgelehnt hatte.
Die Staatssekretärin betonte, dass Bachmann auch überzeugt habe, weil er selbstkritisch über sich und das Theater in Zeiten großer Unsicherheit nachdenke. Bachmann sprach dazu am Mittwoch über die Kritik an der Führungskultur am Schauspiel Köln, die 2018 aufgetaucht war. Er habe die Vorwürfe mittels Mediation aufgearbeitet, und danach Coaching und Weiterbildung in Anspruch genommen, sagte er.
Mit dem Burgtheater ist Bachmann bereits vertraut. Er präsentierte dort in der Vergangenheit preisgekrönte Inszenierungen, unter anderem Elfriede Jelineks »Winterreise« (2012). Seine Wiener Pläne ab 2024 wollte er noch nicht verraten. »Wenn man mit Ideen hausieren geht, dann können sie wegschimmeln«, sagte er.
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