Die Häuser der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind ein Publikumsmagnet mit zuletzt rund vier Millionen Besuchen. Dennoch gilt Deutschlands größte Kulturinstitution als zu behäbig, die internationale Strahlkraft als ausbaufähig. Die zunächst diskutierte Zerschlagung ist vom Tisch, eine umfassende Reform soll die SPK agiler werden lassen.
»Bei der Transformation der SPK geht es ganz zentral um die Autonomie aller Häuser«, sagte Stiftungspräsident Hermann Parzinger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. »Künftig wird jedes Museum und Institut der Staatlichen Museen gleichwertig neben den anderen Einrichtungen der Stiftung stehen. Die SPK wird also ein großes Netzwerk von Einrichtungen, die möglichst autonom agieren sollen, wir wollen weg von einer zentralistischen Struktur.«
4,7 Millionen Objekte
Zu der von Bund und Ländern getragenen Stiftung mit rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehören neben Staatsbibliothek und mehreren Instituten auch die Staatlichen Museen wie etwa Neue Nationalgalerie, Pergamonmuseum, Hamburger Bahnhof, Gemäldegalerie mit 15 Sammlungen und 4,7 Millionen Objekten an 19 Standorten.
Bei der Reform werden zum Beispiel fünf Museumsteams gebildet, die Aufgaben der bisherigen Generaldirektion übernehmen. Solche Teams bräuchte laut Parzinger eigentlich jedes Haus. »Aber wir müssen realistisch sein, das ist auch mit finanziellem Zuwachs nicht zu leisten.« Die Teams sollen Wirksamkeit und Autonomie der Museen verstärken.
»Wofür wollen wir in Zukunft stehen?«
Von Januar an bekommt jedes Haus der Staatlichen Museen ein Budget wie bisher etwa die auch zur SPK zählende Staatsbibliothek. »Die Budgets sind natürlich im Augenblick denkbar klein, weil in der derzeitigen Haushaltssituation so viel nicht zu verteilen ist«, sagte Parzinger. Dabei gebe es einen Verteilungsschlüssel, um allen Häusern gerecht zu werden. »Erstmals können die Museumsdirektoren selbst entscheiden, ob sie aus ihrem Budget Dienstreisen bezahlen, oder ob sie es in Ausstellungen oder andere Projekte investieren. Natürlich kann kein Haus alleine davon große Ausstellungen durchführen. Aber es ist eine wichtige Startbasis für die Leitungen der Museen und Institute, die früher immer mit dem Generaldirektor und im Kreis der Direktoren verhandelt werden musste.«
Der SPK-Chef sieht bereits Fortschritte. »Seit die Museen freier agieren können, gibt es auch mehr Kooperation. Wir haben großartige Leute, die wir mit ihrem Potenzial selbstständiger agieren lassen wollen.« Für den Gesamtverbund der 25 SPK-Einrichtungen soll es eine Strategie geben. »Uns bewegt natürlich die Frage, wofür wollen wir als Verbund in der Zukunft stehen?«, so Parzinger. »Wir haben Wirkungsfelder definiert und wollen ab dem kommenden Jahr ganz konkrete Maßnahmen entwickeln.«
»Großer Tanker, bewegliche Segelschiffe«
Kulturstaatsministerin Claudia Roth zeigt sich zuversichtlich. »Die Stiftung ist ein großer Tanker, aus dem jetzt lauter unterschiedliche schlanke und bewegliche Segelschiffe entstehen«, sagte die Grünen-Politikerin, die auch dem SPK-Stiftungsrat vorsitzt, der dpa. »Eine komplette Zerschlagung wäre aus meiner Sicht ein Fehler gewesen, weil dann die kleinen, aber feinen Einrichtungen richtig marginalisiert gewesen wären.« Jetzt gebe es ein gemeinsames Haus mit individuellen Wohnungen. »Die Nähe entsteht über eine Autonomie der Einrichtungen und dadurch werden auch kreative Räume freigesetzt.«
Roth sieht einen »faszinierenden kreativen Impuls« und verweist auf die Entwicklung, »was die Attraktivität dann auch für die Bundesländer ausmacht«. Sie will mehr Wirkung. »Die Stiftung ist ein Leuchtturm, ein Flaggschiff für die Kultur, für die Kulturnation Deutschland. Dieser Leuchtturm könnte noch viel bekannter sein, die SPK könnte Champions League spielen auf Weltniveau und noch mehr Menschen anziehen.«
Durch die Reform wird mehr Finanzierungsbedarf erwartet. Der Etat der Stiftung lag zuletzt bei gut 380 Millionen Euro. Die Länderanteile sind seit 1996 gedeckelt. Alle Länder zusammen tragen rund 15 Prozent des Budgets, etwa 8 Prozent davon Berlin als Sitzland. Der Bund zahlt rund 85 Prozent.
»Es gibt bisher ein Angebot von Seiten der Länder, sie wollen um zehn Prozent erhöhen«, sagte Roth. »Da der Beitrag der Länder mit 30 Millionen aber ehrlich gesagt sehr überschaubar ist, reicht eine zehnprozentige Erhöhung um drei Millionen wirklich nicht. Jetzt kommt es darauf an, dass über diesen Reformprozess, über die Neuaufstellung die Attraktivität einem sozusagen entgegen springen muss, dass eben auch jedes einzelne Bundesland davon profitieren kann, indem die Stiftung auch in Bundesländern aktiv ist oder Programme aufgesetzt werden, die auch speziell eine Perspektive von einzelnen Bundesländern mit beinhalten.«
Größere Wahrnehmbarkeit und Sichtbarkeit
Am Sitzland Berlin ist Joe Chialo als Kultursenator zuständig. »Die Stiftung hat schon echt eine Menge geleistet und tolle Arbeit gemacht«, sagte der CDU-Politiker der dpa. »Jetzt geht es darum, das Ganze finanziell abzusichern.« Da sieht er große Herausforderungen nicht nur in Berlin. »Auch im Bund und in anderen Bundesländern wird massiv gestruggled, um den Haushalt zusammenzubringen.« Chialo: »Es ist natürlich der Wunsch der Länder, diese zehn Prozent ein Stück weit auch mit einer größeren Wahrnehmbarkeit und Sichtbarkeit zu verbinden.« Es gebe einen starken Fokus auf Berlin, das habe durchaus seine Berechtigung. »Aber ich glaube schon, dass wir schauen müssen, dass alle Länder sich gesehen oder wahrgenommen fühlen. Da müssen wir entsprechend nachjustieren.«
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