Leipzig (dpa) - Ein Langgedicht in weißer Schrift auf schwarzem Papier. Maren Kames' Lyrikband »Luna Luna« überrascht bei einem Blick auf die Liste der Nominierten für den Preis der Leipziger Buchmesse am meisten.
»Eine Beschwörung des Mondes als Collage von Sounds und Anspielungen, die es voller anarchischem Witz mit der Tradition der lunatischen Dichtung aufnimmt«, ordnet die siebenköpfige Jury Kames' »genre- und grenzüberschreitendes Gesamtkunstwerk« ein.
Die Auswahl sei in diesem Jahr besonders schwer gefallen, sagt Jens Bisky, Vorsitzender der siebenköpfigen Jury. »Wir hätten in jeder Kategorie auch sechs oder sieben Titel auf die Shortlist setzen können«, so der Literaturkritiker. Wie im vergangenen Jahr sei das Gleichgewicht von nominierten Frauen und Männern ausführlich thematisiert worden.
Schließlich entstand eine ausgewogene Liste. »Umsichtig ausgesucht«, wertet Maria-Christina Piwowarski. Die Berliner Buchhändlerin bloggt über Literatur und sitzt in der Jury für den Deutschen Buchpreis. Die Shortlist umfasse sowohl die »üblichen Verdächtigen« wie Ingo Schulze (»Die rechtschaffenen Mörder«) und Lutz Seiler (»Stern 111«), die nach Ansicht von Piwowarski berechtigter Weise nominiert wurden. Gleichwohl seien »neue, junge Stimmen« wie Verena Güntner (»Power«) und eben Kames vertreten.
Ingo Schulze hat den Leipziger Buchpreis bereits im Jahr 2007 gewonnen. Lutz Seiler ist ebenfalls vielfach ausgezeichnet, unter anderem gewann er 2014 den Deutschen Buchpreis.
Wochenlang beschäftigte sich die Leipziger Jury mit den mehr als 400 eingereichten Titeln. In vielen habe das Verhältnis zwischen Generationen sowie Radikalisierungsprozesse eine große Rolle gespielt, sagt Literaturkritiker Bisky. Von Radikalisierung handelt etwa Verena Güntners »Power«. Der Roman geht der Frage nach, was passiert, wenn ein Dorf den Kontakt zu den Kindern verliert.
Mit den Nachwendejahren beschäftigt sich Seiler in »Stern 111«. Ingo Schulze zeichnet in »Die rechtschaffenen Mörder« die Figur eines Dresdner Antiquars, von dem unklar ist, ob er tragische Figur ist oder Mörder. Auf den ersten Blick behaglicher geht es in Leif Randts Roman »Allegro Pastell« zu: Er handelt von einer nahezu perfekten Beziehung in den späten 2010er Jahren und davon, wie es gelingt, diese Zuneigung zu erhalten.
»Das ist eine natürlich gewachsene Liste«, sagt Rainer Moritz, Leiter des Literaturhauses Hamburg. Überraschend sei für ihn die Nominierung Kames' und auch Güntners. Dass Schulze und Seiler mit ihren demnächst erscheinenden Romanen ins Rennen um den Leipziger Buchpreis gehen, hat Moritz hingegen erwartet. »Damit überraschen sie niemanden.« Die Nominierung hält der Literaturexperte dennoch für berechtigt: »Warum sollte ein Autor, der schon Preise gewonnen hat, keine weiteren Preise mehr bekommen?«, fragt Moritz. »Jetzt kann man Kaffeesatz lesen, wer den Preis gewinnt.«
Die Auszeichnung wird in den drei Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung vergeben. Die 15 Nominierten für den Preis der Leipziger Buchmesse bekommen jeweils 1000 Euro. Jeder Sieger bekommt noch einmal 15.000 Euro dazu.
Bereits die Nominierungen spielten bei den Kunden eine wichtige Rolle, sagt Buchhändlerin Piwowarski. »Preisträger werden von den Lesern stark nachgefragt.« Dass vier der in der Kategorie Belletristik ausgewählten Bücher erst in den kommenden Wochen in die Buchhandlungen kommen, sieht sie gelassen. »Wenn die Jury sagt, das Buch ist würdig, startet es mit viel Energie«, erklärt Piwowarski. Mit Blick auf die Kategorie Sachbuch/Essayistik freut sie sich besonders über die Nominierung von Jan Wenzel (»Das Jahr 1990 freilegen«). »Die Liste wirft ein sehr gutes Schlaglicht auf alle Kategorien«, sagt Piwowarski. Am 12. März werden die Preisträger auf der Leipziger Buchmesse gekürt.