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Hollywood steht vor einem Doppelstreik

Seit fast zehn Wochen streiken die US-Drehbuchschreiber. Bleibt eine Einigung in letzter Minute aus, dann legen am Donnerstag auch Zehntausende Schauspieler die Arbeit nieder – schon jetzt gibt es Folgen für Filmfans weltweit.

Doppelstreik
Meredith Stiehm (l), Präsidentin der Writers Guild of America West, und Fran Drescher, Präsidentin der SAG-AFTRA, bei einer Kundgebung vor dem Studio Paramount Pictures in Los Angeles. Foto: Chris Pizzello/DPA
Meredith Stiehm (l), Präsidentin der Writers Guild of America West, und Fran Drescher, Präsidentin der SAG-AFTRA, bei einer Kundgebung vor dem Studio Paramount Pictures in Los Angeles.
Foto: Chris Pizzello/DPA

Zeitgleich zum Streik der Drehbuchautoren droht der US-Unterhaltungsindustrie von Donnerstag an ein Streik der Schauspielerinnen und Schauspieler. Sollte eine Einigung zwischen der Gewerkschaft SAG-AFTRA und dem Verband der TV- und Filmstudios (AMPTP) in letzter Minute ausbleiben, könnten laut Einschätzungen von US-Medien kaum noch Filme und Serien gedreht werden.

Bis 23.59 Uhr am Mittwochabend (Ortszeit Los Angeles) gilt noch ein Verhandlungsfrieden, für die Zeit danach hatten die SAG-AFTRA-Mitglieder ihre Vorsitzende Fran Drescher (»Die Nanny«) in einer Urabstimmung beauftragt, bei einem Scheitern den Streik auszurufen. Damit begänne ein Doppelstreik, denn die Gewerkschaft schlösse sich mit ihrer Pause den Drehbuchautoren an, die bereits seit 2. Mai die Arbeit niedergelegt haben.

Sinkende Budgets und AI-Charaktere

Beide Kreativbranchen leiden darunter, dass zwar mehr Filme und Serien produziert werden, aber die Budgets sinken und bei Serien oft weniger Folgen pro Staffel gedreht werden. Außerdem bringen Wiederholungen bei Streaminganbietern für die Kreativen anders als im Fernsehen geringere und von der Zuschauerzahl unabhängige Tantiemen. In einem Statement hatte SAG-AFTRA zudem mitgeteilt, dass die Chance wachse, dass animierte AI-Charaktere die Schauspielerei von Mitgliedern täuschend echt nachbilden können, was eine »reale und unmittelbare Bedrohung« darstelle. Daher will SAG-AFTRA unter anderem mehr Geld und klare Regeln zum Einsatz von AI erreichen.

Rund 65 000 Mitglieder hatten an einer Urabstimmung am 7. Juni teilgenommen, 97,9 Prozent hatten sich für einen Streik ausgesprochen. Aufsehen erregte auch ein offener Brief mit mehr als 1000 Unterschriften, in dem viele Stars die Gewerkschaft aufforderten, unnachgiebig zu verhandeln. Unter anderem haben Meryl Streep, Jennifer Lawrence, Ben Stiller und Pedro Pascal diese Solidaritätbekundung unterzeichnet. 

SAG-AFTRA hat mehr als 160 000 Mitglieder, darunter Schauspieler für Film und Fernsehen, Stuntleute, TV-Journalistinnen und Moderatoren. Der Streik beträfe aber nur Schauspieler und Schauspielerinnen für Serien und Filme. Er wäre für sie alle bindend, sie dürften dann nicht vor der Kamera arbeiten. Theoretisch könnten Produktionen mit nicht-gewerkschaftlich organisierten Schauspielern weitergehen, aber SAG-AFTRA hat bereits angekündigt, bei künftigen Mitgliedsanträgen auch abzufragen, ob ein Kandidat zu den Streikbrechern zählte.

Serien wie »Stranger Things« liegen komplett auf Eis

Wegen der anhaltenden Verhandlungen hatten einige Produktionsfirmen bereits angekündigte Filmstarts nach hinten verlegt. Darunter sind neue Marvel-Superheldenfilme zu Captain America oder Blade, Disneys Realverfilmung des Animationshits »Moana« und die geplanten »Avatar«-Fortsetzungen. Weil Filme aber einen langen Produktions- und Marketingvorlauf haben, dürften sich die Folgen eines Streiks frühestens in einigen Monaten bemerkbar machen

Das Schreiben vieler Fernsehserien liegt dagegen wegen des Autoren-Streiks ohnehin schon auf Eis. Deren Gewerkschaft WGA hat außerdem bereits Unterstützung von Set-Mitarbeitern erhalten, so dass kein Drehbetrieb aufrecht erhalten werden konnte und Serien wie »Stranger Things« oder »Yellow Jackets« aktuell nicht produziert werden.

© dpa-infocom, dpa:230710-99-347702/3