FRANKFURT/MAIN. In 100 Tagen beginnt die Frankfurter Buchmesse - so die Corona-Pandemie nicht kurzfristig einen Strich durch die Rechnung macht. Wenn es läuft wie erhofft, wird die Buchmesse vom 14. bis 18. Oktober zwar stattfinden, aber kleiner und virtueller sein als sonst.
Eine corona-bedingte »Sonderausgabe« nennt es Buchmessen-Direktor Juergen Boos. Viele Fragen sind drei Monate vor dem Termin noch offen, etwa was aus dem Ehrengast-Auftritt Kanadas wird. Man sei »in Gesprächen«, hieß es dazu bei der Buchmesse. Frankfurter Medien hatten in der vergangenen Woche berichtetet, der Gastland-Auftritt Kanadas werde auf 2021 verschoben. Klar ist: Die Reisebeschränkungen beeinträchtigen die Vorbereitungen ebenso wie die Anreise von Autoren.
Die Events unter der Dachmarke »Bookfest« finden nur digital am Messe-Samstag (17. Oktober) statt. Die Verlage können ihre Autoren bis Mitte Juli dafür anmelden. Geplant sind 16 Stunden Programm mit Zeitslots von 10 und 20 Minuten. In der kommenden Woche will die Buchmesse über ihre digitale Strategie für 2020 informieren.
Unklar ist, wie viele Verlage in den Messehallen ausstellen. Buchmesse-Direktor Boos rechnete Ende Mai mit rund einem Drittel der Teilnehmer. Aktuelle Zahlen gibt es nicht: Erst Mitte August will die Buchmesse eine erste Bilanz der Anmeldungen ziehen. Große Verlagshäuser wie Holtzbrinck oder Randomhouse haben schon abgesagt. »Wir werden ein enormes Defizit einfahren in diesem Jahr«, sagte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins.
An den Besuchertagen hält die Buchmesse fest. Wie viele Menschen aufs Gelände dürfen, hängt von der belegten Fläche und den dann geltenden Abstandsregeln ab. Laut Landesregierung gelten Messen nicht als Großveranstaltungen - diese sind bis Ende Oktober in Hessen verboten.
Auch die beliebten Reihe »Open Books« und »Literatur im Römer« in der Innenstadt können wohl stattfinden: »Sofern die Dinge sich so entwickeln wie aktuell, findet das Lesefest auch in diesem Jahr mit Publikum live vor Ort statt«, teilte das Kulturamt der Stadt mit.
Flankiert wird die Buchmesse wie üblich vom Deutschen Buchpreis am 12. Oktober und vom Friedenspreis am 20. Oktober. Beide Termine stehen nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels nicht in Frage. Der Friedenspreis geht an den indischen Wirtschaftsphilosophen Amartya Sen. Der Preisträger ist 86 Jahre alt und lebt in den USA, habe aber »fest vor anzureisen«, berichtet der Börsenverein. In der Paulskirche sind nur 100 Besucher zugelassen. Die Bekanntgabe des Buchpreises wird ohne Publikum stattfinden.
In der vergangenen Woche scheint es hinter den Kulissen kräftig gekracht zu haben. Einem Zeitungsbericht zufolge sollten ab 2021 die Buchmesse, die Musikmesse und andere Veranstaltungen zu einem einwöchigen Kreativfestival zusammengefasst werden. Die Buchmesse bestreitet das: Vereinbarungen dieser Art gebe es nicht. Eine für Dienstag anberaumte Pressekonferenz zu »Neuen Perspektiven für die Kultur- & Kreativwirtschaft« wurde kurzfristig abgesagt. (dpa)