Die Gerüchte, wer der nächste James-Bond-Darsteller werden könnte, ändern sich beinahe jede Woche. Aber dem Vernehmen nach haben die Produzenten ihre Suche nach dem neuen 007 noch gar nicht richtig begonnen. Zwei Jahre nach dem letzten Bond-Film von Daniel Craig müssen sich die Fans des Geheimagenten weiter in Geduld üben.
Vor 40 Jahren war das ganz anders, denn 1983 gab es sogar zwei James-Bond-Darsteller. Roger Moore in »Octopussy« und Sean Connery in »Sag niemals nie« lieferten sich ein Duell an den Kinokassen.
Rollenwechsel
Eigentlich hatte Connery längst mit dem berühmten Geheimagenten abgeschlossen. Nach seinem fünften Film »Man lebt nur zweimal« hatte er schon 1967 seinen Abschied von der Rolle verkündet, weil ihm der 007-Kult zu viel wurde und er keine Lust mehr darauf hatte, auf der Straße als Mr. Bond angesprochen zu werden. Als sein Nachfolger George Lazenby nach nur einem Einsatz hinwarf, ließ sich Connery von den Bond-Produzenten Albert R. Broccoli, meistens Cubby genannt, und Harry Saltzman zu einem Comeback in »Diamantenfieber« (1971) überreden. Anschließend übernahm Roger Moore die Rolle, die er in sieben Filmen der Firma Eon Production spielen sollte.
»Nie wieder Bond«, soll Connery gesagt haben. Doch nach einer Reihe wenig erfolgreicher Filme überlegte es sich der Schotte noch einmal anders, als sich eine unerwartete Gelegenheit bot. »Sag niemals nie« - der selbstironische Titel stammt angeblich von Connerys Ehefrau Michelle - lief in Konkurrenz zur 007-Reihe der Firma Eon, die bis heute 25 Kinofilme hervorgebracht hat. Mitunter wird »Sag niemals nie« deshalb als inoffizieller Bond-Film bezeichnet, was nicht ganz korrekt ist. Denn er basiert genauso auf der literarischen Vorlage von James-Bond-Erfinder Ian Fleming wie die Eon-Filme.
Tatsächlich ist »Sag niemals nie« ein Remake des Eon-Films »Feuerball« mit Sean Connery von 1965. Lange bevor Broccoli und Saltzman mit »James Bond 007 jagt Dr. No« die langlebigste Serie der Kinogeschichte lancierten, hatte der irische Drehbuchautor und Filmproduzent Kevin McClory mit Ian Fleming an James-Bond-Drehbüchern gearbeitet. Zu einer Verfilmung kam es damals nicht. Fleming nutzte jedoch einige Ideen für seinen Roman »Feuerball«. McClory zog vor Gericht, bekam eine finanzielle Entschädigung und die Filmrechte an »Thunderball« - so der Originaltitel - zugesprochen.
Der Irrtum der Eon-Produzenten
Im Jahr 1965, ein Jahr nach Flemings Tod und auf dem Höhepunkt des James-Bond-Hypes, tat sich McClory mit Cubby Broccoli und Harry Saltzman zusammen, um »Feuerball« gemeinsam zu produzieren. Es wurde vertraglich festgehalten, dass McClory den Stoff danach zehn Jahre nicht verfilmen dürfe. Die beiden Eon-Produzenten gingen wohl nicht davon aus, dass sich 1975 noch irgendjemand für James Bond interessieren würde - ein Irrtum. Kaum war die Frist abgelaufen, begann McClory mit der Arbeit an einem neuen Drehbuch. Broccoli, nach dem Ausstieg von Saltzman alleiniger Eon-Inhaber, war alarmiert.
In dem Produzenten Jack Schwartzman, der zuvor als Jurist für die großen Hollywood-Studios gearbeitet hatte, fand McClory den idealen Partner, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Viele bekannte Bond-Merkmale waren geschützt. Das 007-Logo mit dem Pistolenlauf, die berühmte Musik von Monty Norman und John Barry oder das typische Bond-Intro, die sogenannte Gunbarrel-Sequenz, durften McClory und Co. zum Beispiel nicht verwenden. Charaktere wie Ms. Moneypenny, Bonds Chef M oder Waffenmeister Q durften hingegen auftauchen. Und immerhin hatte man den inzwischen 52 Jahre alten Sean Connery als 007.
Angesichts der rechtlich heiklen Lage und einer drohenden Klage von Eon war das finanzielle Risiko hoch. Schwartzman, der mit der Schauspielerin Talia Shire (»Der Pate«, »Rocky«) verheiratet war, erzählte später, seine Frau habe in »Rocky III« mitgespielt, um die Finanzierung von »Sag niemals nie« sicherzustellen. Lange hielten Schwartzman, McClory und Co. ihr Projekt so gut wie möglich unter Verschluss. Erst durch einen Insider-Artikel der deutschen Filmzeitschrift »Cinema« wurden viele Details öffentlich. Und prompt folgte die Klage von Broccoli.
Kim Basinger als Bond-Girl
Da der Film unter der Regie von Irvin Kershner (»Star Wars: Episode V – Das Imperium schlägt zurück«) jedoch schon abgedreht war und Cubby Broccoli nach Ansicht der Richter schon viel früher dagegen hätte vorgehen können, entschieden sie zugunsten seiner Konkurrenten. So gab Sean Connery am 7. Oktober 1983 in »Sag niemals nie« tatsächlich sein James-Bond-Comeback im Kino. Der Film mit dem Österreicher Klaus Maria Brandauer als Bösewicht Largo und Kim Basinger als Bond-Girl ist unter 007-Fans umstritten, war aber ein kommerzieller Erfolg.
Trotz der Niederlage vor Gericht durfte sich Broccoli als Gewinner fühlen. Denn sein Film gewann das Rennen an den Kinokassen. »Octopussy« mit Roger Moore in der Hauptrolle kam nicht nur drei Monate früher als »Sag niemals nie« in die Kinos, er spielte auch mehr Geld ein. In den Folgejahren gab es gelegentlich Gerüchte über ein weiteres »Feuerball«-Remake. Doch dazu kam es nie. McClory starb 2006. Seine Erben verkauften die Filmrechte 2013 schließlich an Eon.
Übrigens gab 1983 noch ein weiterer James-Bond-Darsteller sein Agenten-Comeback. George Lazenby, der nach »Im Geheimdienst Ihrer Majestät« (1969) keine allzu große Filmkarriere erlebte, hatte in dem Fernsehfilm »Return of the Man from U.N.C.L.E.« einen Gastauftritt. In dem Spin-off der TV-Serie »Solo Für O.N.C.E.L.« spielte Lazenby einen Spion namens J.B., der in einem Aston Martin DB5 unterwegs war. Kurios: Der deutsche Zusatztitel des Films lautete »Thunderball«.
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