Der Band des Historikers Stephan Malinowski über die Verbindung zwischen den Hohenzollern als Haus der letzten deutschen Kaiser und den Nazis ist als Sachbuch des Jahres ausgezeichnet worden.
Eine Jury wählte »Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration« am Montag in Berlin unter den acht nominierten Büchern für den mit 25.000 Euro dotierten Preis aus.
Malinowski habe ein »ausgezeichnet recherchiertes und brillant erzähltes Buch über die Rolle der Hohenzollern seit 1918 geschrieben«, hieß es zur Begründung. Das Buch verbinde soziale und politische Zeitgeschichte mit einem Familienporträt und sei zugleich eine Milieustudie konservativer und rechter Republikfeindlichkeit.
»Malinowski gibt eine überzeugende Antwort auf die Restitutionsforderungen der Hohenzollern und verteidigt zugleich die Wissenschaftsfreiheit gegen Widerstände.«
Malinowski bezeichnete seinen Band als »Beitrag zur Kulturgeschichte der Rechten im 20. Jahrhundert«. Er sieht seine Studie auch als Buch, »in dem es um eine Gruppe von Menschen geht, die auf der Grundlage von mäßigen Leistungen maßlose Forderungen an den Staat stellt«. Bereits bei der Vorstellung des Bandes hatte Malinowski gesagt: »Drei Generationen in dieser Familie haben mit den politisch relevanten Handlungsträgern versucht, die Republik zu zerstören und den Nationalsozialismus zu unterstützen, und zwar von Anfang bis Ende.«
Verhandlungen zur Rückgabe von Kunstobjekten
Zwischen dem Bund mit den Ländern Berlin und Brandenburg einerseits sowie den Hohenzollern wurde seit 2014 über die Rückgabe von Kunstobjekten und Entschädigungen verhandelt. Das Land Brandenburg lehnt eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages ab. Dagegen klagen die Hohenzollern. Es geht um 1,2 Millionen Euro. Laut Gesetz bekommt keinen Ausgleich, wer dem NS-System »erheblichen Vorschub geleistet hat«.
Im Gegensatz zu zahlreichen Historikern bestreitet Georg Friedrich Prinz von Preußen als Verhandlungsführer der Hohenzollern die Vorschubleistung seiner Vorfahren für die Nationalsozialisten. Er beruft sich dabei auf andere Einschätzungen. Zwischen Hohenzollern und Historikern, Medienhäusern sowie anderen Organisationen gibt es zahlreiche juristische Auseinandersetzungen. Bereits betroffen davon war auch Malinowski, der sich bei der Preisverleihung ausdrücklich auch bei seinem Anwalt bedankte.
Die Auszeichnung der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels wurde zum zweiten Mal vergeben. Angemeldet waren 205 Bücher von 130 Verlagen.
Bewertet wurden Relevanz des Themas, erzählerische Kraft, Darstellung, Sprache sowie Qualität der Recherche. Als Nominierte bekamen jeweils 2500 Euro Bettina Baltschev (»Am Rande der Glückseligkeit. Über den Strand«), Alice Bota (»Die Frauen von Belarus. Von Revolution, Mut und dem Drang nach Freiheit«), Stefan Creuzberger (»Das deutsch-russische Jahrhundert. Geschichte einer besonderen Beziehung«), Samira El Ouassil & Friedemann Karig (»Erzählende Affen. Mythen, Lügen, Utopien – Wie Geschichten unser Leben bestimmen«), Ludwig Huber (»Das rationale Tier. Eine kognitionsbiologische Spurensuche«), Steffen Mau (»Sortiermaschinen. Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert«) und Natan Sznaider (»Fluchtpunkte der Erinnerung. Über die Gegenwart von Holocaust und Kolonialismus«).
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) bezeichnete Kunst und Kultur als Stimme der Demokratie. Der Sachbuchpreis falle in eine Zeit, in der mit Propaganda und Desinformation Gewalt ausgeübt werde. Literatur und Sachbücher seien notwendig, um sich als Demokratinnen und Demokraten einmischen und in Debatten einbringen zu können.
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