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Altes Blech wird zur Legende

Im schwedischen Saab-Museum weht der Mantel der Geschichte über 145 berühmte Exponate.

Museumsdirektor Peter Backström ist ein wandelndes Saab Lexikon. Sein Fundus umfasst 145 legendäre Fahrzeuge.  FOTOS: HANS JÖRG
Museumsdirektor Peter Backström ist ein wandelndes Saab Lexikon. Sein Fundus umfasst 145 legendäre Fahrzeuge. FOTOS: HANS JÖRG CONZELMANN
Museumsdirektor Peter Backström ist ein wandelndes Saab Lexikon. Sein Fundus umfasst 145 legendäre Fahrzeuge. FOTOS: HANS JÖRG CONZELMANN

TROLLHÄTTAN. Wie es gehen kann, dass eine ausgestorbene Automarke immer mehr Enthusiasten für sich gewinnt, zeigen Ehrenamtliche im Saab-Car-Museum in Trollhättan in Westschweden. Es sind Männer wie der ehemalige Saab-Ingenieur und Museumsleiter Peter Backström, die mit Herzblut altes Blech zum Glänzen bringen. Retten konnten sie die schwedische Kultmarke nicht, aber sie halten die Erinnerung am Leben.

Backström nimmt uns mit in eine alte Fertigungshalle für Lokomotiven, in der sich Saab noch zu Lebzeiten ein Denkmal schuf. Er führt uns zum Prototyp des schwarzen Ur-Saab mit der Bezeichnung 92, der 1945 am Reißbrett entstand und 1947 in Serie ging. Er trug bereits die charakteristischen Saab-Gene: Vorderradantrieb und eine aerodynamische Form. Die Anleihen aus dem Flugzeugbau waren unverkennbar.

Luftfahrt und Rüstung

Der Konzern Svenska Aeroplan Aktiebolaget, aus dessen Abkürzung der Markenname Saab wurde, war eigentlich in der Luftfahrt- und Rüstungsindustrie zuhause. Die Flugzeugbauer fanden den Ausflug in die Auto-Industrie spannend und legten 1956 den 93 nach. 1960 kamen der Saab 96 und der Kombi Saab 95.

Die ersten Turbomotoren stammen aus der Feder der Flugzeugingenieure. Die weitere Geschichte ist kompliziert, aber im Wesentlichen bekannt: 1995 stieg der amerikanische Automobilkonzern GM ein, hielt Saab an der kurzen Leine – so kurz, dass 2011 Schluss war. »It’s sad«, fasst Backström den Niedergang zusammen – »es ist traurig«.

Zeitgeist und Vielfalt: Saab unternahm Ausflüge in den Wassersport (links). Heute baut der Saab-Konzern unter anderem U-Boote.
Zeitgeist und Vielfalt: Saab unternahm Ausflüge in den Wassersport (links). Heute baut der Saab-Konzern unter anderem U-Boote. FOTOS: HANS JÖRG CONZELMANN
Zeitgeist und Vielfalt: Saab unternahm Ausflüge in den Wassersport (links). Heute baut der Saab-Konzern unter anderem U-Boote. FOTOS: HANS JÖRG CONZELMANN

Backström selbst stieg 1985 zu Glanzzeiten ein, als die Marke noch das schrullige Image der Individualisten trug, im Rennsport etabliert war und neben Volvo als Aushängeschild des Landes galt. Im Saab-Car-Museum kann er die komplette Geschichte seiner Marke nachvollziehen. 145 Autos hat Backström im Fundus, 80 stellt er ständig aus. Darunter sind Prototypen, die man zuvor noch nicht gesehen hat. Selbst zwölf Jahre nach dem Ableben würden sie bestens ins Straßenbild passen. Etwa der futuristische Saab Aero X 2006, dessen vier Räder eine 2,8-Liter-V6-Maschine über ein Siebengang-Getriebe antrieb und mit 100 Prozent Ethanol betankt wurde. Das Ergebnis waren 400 PS und ein Drehmoment von 500 Nm bei 5000 Umdrehungen/min. 2009 folgte ein weiterer Prototyp namens 9-x BioHybrid, dessen Batterien über Solarzellen in der Dachoberfläche geladen wurden.

Auch sein pfeilschnelles Design wäre heute noch State of the Art, durfte aber unter der GM-Mutter wegen innerbetrieblicher Konkurrenz nicht umgesetzt werden. Die strategische Firmenpolitik führte dazu, dass die Saab-Produkte nicht mehr konkurrenzfähig waren, glaubt Backström.

Immer wieder schöpfte die Saab-Gemeinde Hoffnung. Der chinesische NEVS-Konzern übernahm die Insolvenzmasse und schmiedete vor zehn Jahren große Pläne für Elektroautos. Daraus wurde nichts. Die letzten 450 Autos aus chinesischer Produktion wurden 2014 verkauft. Inzwischen sind noch eine Handvoll chinesischer Mitarbeiter auf dem Firmengelände, das von der Stadt Trollhättan übernommen wurde und nun als herkömmliches Gewerbegebiet vermarktet wird.

Ein bewegtes Leben

Ist die Marke auch tot, führt der Saab-Experte Backström ein bewegtes Leben. Er ist nächste Woche in New York beim dortigen Saab-Club eingeladen, hält Vorträge und wird als wandelndes Saab-Lexikon gefeiert. Erst kürzlich war er in Dänemark in gleicher Mission und so geht es weiter in seinem Terminkalender.

»Die Freude an unserer Marke nimmt kurioserweise zu«, sagt er selbst etwas ungläubig, denn eigentlich müsste die Erinnerung verblassen. Das Gegenteil ist der Fall, auch im Herkunftsland selbst. Die Preise für gut er-haltene Saabs steigen. Das Museum, zu 70 Prozent von der Kommune finanziert, verzeichnet guten Zulauf. In den Sommermonaten ist es täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet. (GEA)