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Württembergische Philharmonie – Sinfoniekonzert und Vertragsunterzeichnung

Im Bienenstock der Klassik

Reutlingen/ Betzingen.19 Uhr, das ist normalerweise die Zeit, in der man den Stress des Berufsalltags abschüttelt und sich auf dem Sofa ausstreckt. Bei der Württembergischen Philharmonie hingegen ist 19 Uhr Prime Time, da überschlagen sich die Dinge. Zumindest am Montag, 10. Februar, denn da spielt das Orchester sein Sinfoniekonzert. 19 Uhr: Die Stadthalle Reutlingen verwandelt sich in einen Bienenkorb der Klassikfans. Die einen strömen noch durch die Eingangspforten herein, andere haben bereits ganz oben im kleinen Saal platzgenommen und warten gespannt auf die Einführung durch WPR-Dramaturgin Stefanie Eberhardt. Derweil läuft im großen Saal schon die Anspielprobe. Die französische Chefdirigentin Ariane Matiakh trifft letzte Absprachen mit Solisten, dem Pianisten Saleem Ashkar sowie mit den Orchestermusikern. Was in den letzten Tagen draußen im WPR-Studio in Orschel-Hagen geprobt wurde, muss nun an die anderen Klangverhältnisse in der Stadthalle angepasst werden.

Brahms und ein Verriss

Drei Stockwerke höher eilt punkt 19 Uhr Stefanie Eberhardt mit einem strahlenden »Herzlich willkommen!« auf die Bühne des kleinen Saals. Und steigt sogleich in die Erläuterungen ein. Das erste Klavierkonzert von Johannes Brahms steht auf dem Programm. Sein Durchbruch zur großen Orchestermusik. Jahre hat der junge Brahms damit gerungen, nachdem sein Gönner Robert Schumann ihn als kommendes Genie der Sinfonik ausgerufen hatte. Ein riesenhaftes Klavierkonzert ringt er sich ab, das seinen inneren Kampf widerspiegelt. Was Hörer und Kritiker damals verstörte. Eberhardt zitiert aus einem Verriss, das Publikum schmunzelt. Erstes Klangbeispiel: Eruptiv ist dieser Durchbruch zur großen Form, es brodelt mächtig. Im oberen Foyer tut sich derweil anderes. OB Thomas Keck ist da, Arne Braun, Staatssekretär Grünen-Landtagsabgeordneter Thomas Poreski, Altbürgermeisterin Barbara Bosch. Alle mit VR-Brillen auf den Augen – sie tauchen in die virtuellen Orchesterwelten des Philharmonie- Mobils »Philmo« ein. Staatssekretär Braun ist auch gekommen, um sich über die vorbildhafte Musikvermittlung des Orchesters zu informieren. Vor allem aber, weil Ariane Matiakh ihren Vertrag als Chefdirigentin der WPR um drei Jahre verlängert. Schon kommt sie herangeeilt in ihrer weißen Bluse, mit energischen Schritten, direkt von der Probe. »Die Verlängerung musste einfach sein!«, gibt sie bestens gelaunt zu Protokoll. »Wir haben noch so viel gemeinsam umzusetzen!« OB Thomas Keck, auch Stiftungsratsvorsitzender des Orchesters, ist ganz aus dem Häuschen. »Sie haben bei uns richtig eingeschlagen, würde ich sagen, wenn das nicht eine so unpassende Formulierung wäre«, lacht der OB. Dann geht es an die Unterschriften unter die Verträge.

Komplimente und Blumen

Einige Orchestermitglieder eilen herbei, schon in Frack und Fliege. Flötist Peter Eberl, gleichzeitig Orchestervorstand, überreicht Blumen, überschüttet seine frisch verlängerte Chefin mit Komplimenten in Schönstem Französisch und fällt ihr kurzerhand um den Hals. »So, jetzt muss ich aber, wir spielen gleich!«, verkündet Mathiak. Weg ist sie. Unten der große Saal füllt sich gerade mit Besuchern. Minuten später wird das Licht weggedimmt, das Tuscheln verebbt. Ariane Matiakh erscheint, nun ganz in Schwarz gekleidet. Saleem Ashkar nimmt am Flügel Platz. Die ersten Töne erklingen. Wie eine Eruption. Brahms’ Durchbruch zur Sinfonik. Es ist 20 Uhr.