New York/Alexandria (dpa) - Seinen früheren Boss erwähnt er nicht, aber das muss er auch nicht, die Worte haben es dennoch in sich.
Als Michael Cohen, Donald Trumps langjähriger Anwalt und persönlicher »Ausputzer«, am Dienstag vor einem Gericht in New York einräumt, er habe während des Wahlkampfes Schweigegeld an zwei Frauen gezahlt, sagt er, er habe dies im Auftrag »eines Kandidaten« getan.
Cohen meint Trump, er spricht es nicht aus, aber nach Lage der Dinge kann niemand anderes gemeint sein als der damalige republikanische Präsidentschaftskandidat. Es ist Cohens eigener Anwalt, der Trump später in einer Stellungnahme direkt beschuldigt.
Die Affäre um die Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels und das ehemalige Playmate Karen McDougal hat damit eine neue, dramatische Wendung genommen. Cohen, der vor kurzem in einem Interview sagte, seine Loyalität gelte seiner Familie und seinem Land, belastet Donald Trump, der ein Jahrzehnt lang sein Chef war. Die Aussagen bringen den Präsidenten in Bedrängnis. Auch wenn mögliche Folgen für Trump noch nicht absehbar sind, es gibt dem Geraune über ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn neue Nahrung.
Cohen trägt einen dunklen Anzug und eine goldene Krawatte, als er am Dienstagnachmittag im Gerichtssaal sitzt und zuhört, wie der Richter die Bedingungen einer einvernehmlichen Absprache mit der Staatsanwaltschaft vorträgt. Der 51-Jährige bekennt sich in acht Punkten schuldig. Neben den Verstößen gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung geht es dabei um Steuerhinterziehung und Bankbetrug. »Schuldig, Euer Ehren«, sagt Cohen immer wieder. Er erklärt, er habe das Schweigegeld gezahlt, um Einfluss auf die Wahl zu nehmen.
Die Namen der Personen, an die das Geld floss, nennt Cohen nicht. Aber die Summen stimmen mit jenen überein, die an die Pornodarstellerin Stormy Daniels und das ehemalige Playmate Karen McDougal gingen. Beide sagen, dass sie eine Affäre mit Trump hatten. Der Präsident bestreitet das.
Am Ende der Anhörung fordert der Richter Cohen auf, seinen Reisepass abzugeben. Der 51-Jährige zahlt 500 000 US-Dollar Kaution, das Urteil soll im Dezember folgen.
Es ist nicht die einzige unangenehme Entwicklung für Trump an diesem Tag. Als die Nachrichtensender die Eilmeldungen über Cohens Schuldbekenntnis verbreiten, war nur kurz zuvor mehrere hundert Kilometer entfernt in einem Gerichtssaal nahe Washington eine andere Bombe geplatzt: Eine Geschworenenjury befand Trumps einstigen Wahlkampfmanager Paul Manafort in acht von 18 Anklagepunkten für schuldig - unter anderem wegen Steuerhinterziehung, Bankbetrugs und des Verschweigens von Auslandskonten.
Der Präsident ist da gerade auf dem Weg nach West Virginia, wo er am Abend einen Wahlkampfauftritt hat. Als er aus der Air Force One steigt, konfrontieren ihn wartende Journalisten mit Fragen. Der Präsident nennt Manfort einen »guten Mann«. Was ihm widerfahre, sei »sehr traurig«. Der Fall habe aber nichts mit ihm oder möglichen geheimen Absprachen mit Russland zu tun, fügt Trump hinzu. Fragen zu Cohen ignoriert er.
Trump und sein Umfeld haben in den vergangenen Monaten verschiedene Darstellungen zu der Zahlung an Stormy Daniels abgegeben. Anfang April verneinte der Präsident an Bord der Air Force One eine Frage, ob er über die Zahlung an Stormy Daniels informiert gewesen sei. Er wisse auch nicht, woher das Geld gekommen sei. Als er damals gefragt wurde, warum sein Anwalt das Geld gezahlt habe, sagte Trump: »Das müssen Sie Michael Cohen fragen«.
Im Mai erklärte dann Trumps Anwalt Rudy Giuliani, der Republikaner habe Cohen entschädigt, nachdem dieser die 130.000 US-Dollar an die Pornodarstellerin gezahlt habe. Die Zahlungen seien nach dem Wahlkampf von einem »persönlichen Familienkonto« Trumps an Cohen gegangen.
Am Dienstag sagt Giuliani, in den Anklagen gegen Cohen würden keinerlei Vorwürfe gegen den Präsidenten erhoben. Es sei Cohen, der über lange Zeit gelogen habe, darauf weise auch die Staatsanwaltschaft hin.
Das mag stimmen, aber die Entwicklungen vom Dienstag lassen Trump dennoch in einem schlechten Licht dastehen, schließlich war er es, der sich mit Menschen wie Cohen und Manafort umgab. Als er letzteren in sein Wahlkampfteam holte, hatte dieser sich längst einen zweifelhaften Ruf erarbeitet. Manafort war über Jahrzehnte als Lobbyist und Politikberater tätig, zu seinen Klienten zählten Diktatoren und Regimes in Afrika, Asien und Südamerika. Meist ging es um viel Geld. Mehrere Jahre lang machte er Lobbyarbeit für den damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch.
Es stimmt, dass Manaforts Verfahren nicht direkt etwas mit dem Kern der Russland-Ermittlung zu tun hat. Dabei untersucht der frühere FBI-Direktor und Sonderermittler Robert Mueller, ob es bei den mutmaßlich russischen Einflussversuchen auf die Präsidentschaftswahl 2016 geheime Absprachen mit Trumps Wahlkampflager gab. Aber die Vorwürfe gegen Manafort haben sich aus Muellers Ermittlungen ergeben und es war der erste Prozess, der dabei zustande kam. Auch im Fall von Cohen bekamen die Ermittler in New York den Tipp von Muellers Team.
Cohen ist zudem nicht der erste einstige Vertraute von Trump, der sich in einem Verfahren schuldig bekannt hat. Auch der ehemalige Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten, Michael Flynn, hat das getan. Er hat eingeräumt, das FBI belogen zu haben. George Papadopoulos und Rick Gates sind zwei weitere ehemalige Berater aus Trumps Wahlkampflager, die sich schuldig bekannt haben.
Trump erwähnt bei seinem Wahlkampfauftritt am Abend weder Cohen noch Manafort. Während der Präsident noch in West Virginia ist, bricht über Washington ein Gewitter herein. Blitze zucken durch den Himmel, der Regen fällt in Strömen. Es ist ein treffendes Bild für einen denkwürdigen Tag.