Seeon (dpa) - Nein, konkret wird Annegret Kramp-Karrenbauer auf der Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten nicht. Sie übt sich in Andeutungen.
Doch die sind deutlich und folgen klar der Richtung, die CSU-Chef Markus Söder eingeschlagen hat: Eine neue Programmatik für den nächsten Bundestagswahlkampf kündigt die CDU-Vorsitzende an, als sie am Dienstag bei der Klausur im oberbayerischen Kloster Seeon eintrifft. Und: Sie spricht eben auch schon von »neuen Gesichtern«.
Bedeutet das eine Kabinettsumbildung noch in diesem Jahr, wie sie Söder überraschend vorgeschlagen hat? So schnell geht das zwar nicht. »Das ist eine Möglichkeit«, sagte die CDU-Chefin nur. Doch damit macht sie deutlich: Nichts ist ausgeschlossen, alles ist denkbar - und setzt damit auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter Druck.
Man könnte jedenfalls meinen, dass Söder der CDU-Vorsitzenden mit seinem Vorstoß die Spur gelegt hat. Klar aber ist: Fahren muss Kramp-Karrenbauer nun selber. Das dürfte sie verstanden haben. Sie muss dabei, bis zur Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union im Herbst, nur schauen, dass nicht der Eindruck entsteht, sie sei Getriebene und sozusagen Kandidatin von Söders Gnaden.
Der gemeinsame Auftritt der beiden Parteivorsitzenden, zusammen mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, soll aber jedenfalls eines zeigen: Zwischen CDU und CSU passt, anders als in früheren Jahren, kein Blatt Papier mehr. »Wir beide bilden eine Achse«, sagt Kramp-Karrenbauer. Dass sie von Söders aktuellem Vorstoß nichts wusste, nimmt sie gelassen: Man rede viel miteinander. »Manchmal bevor wir mit Ideen an die Öffentlichkeit gehen, und manchmal, nachdem wir an die Öffentlichkeit gegangen sind.« Beides sei vollkommen in Ordnung. Söder ruft zufrieden dazwischen: »Aber wir reden immer.«
Ob, wann und wie es zu einer Kabinettsumbildung kommen könnte, ist noch unklar. Die Wahrscheinlichkeit scheint aber nun gewachsen - auch wenn Söder und AKK auf eine nicht unbedingt zählen können: die Kanzlerin.
Schon bei früheren Kabinettsumbildungen hatte Merkel den personellen Austausch so gering wie möglich gehalten, um keine zu große Unruhe zu verursachen. Auch in der Unionsfraktion versuchte sie, auf Altbewährtes zu setzen - und unterlag mit ihrem Wunsch, Volker Kauder weiter als Vorsitzenden zu halten, gegen die Abgeordneten, die am Ende Ralph Brinkhaus wählten.
In der Union heißt es, Merkel wolle ihre vierte Legislaturperiode, die bis 2021 dauert, möglichst ohne größere Erschütterung zu Ende bringen. Doch die Union will auch nach Angela Merkel weiterregieren.
Und nach diesem Auftritt von AKK und Söder ist klar: Die beiden wollen dazu neuen Schwung und neue Ideen, die über 2021 hinausweisen, von neuer Programmatik und neuen Köpfen. »Markus Söder hat jetzt von einer Kabinettsumbildung gesprochen«, sagt die CDU-Chefin. »Ich spreche von einem Zukunftsteam für die Zukunft, noch offen lassend, wie das aussehen kann.«
Die Personaldebatten dürften damit in den kommenden Wochen und Monaten jedenfalls Fahrt aufnehmen. Bei der CSU haben sie längst begonnen. Denn auffällig ist ja, dass die CSU-Aufstellung im Bund immer noch die Handschrift des ehemaligen CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer trägt.
Klar ist: Söders Ruf nach einer Verjüngung im Kabinett dürfte auch an seine eigene Truppe gerichtet sein - an Seehofer (70) und Entwicklungsminister Gerd Müller (64). Unter Druck ist auch Verkehrsminister Andreas Scheuer: Wenn der Untersuchungsausschuss zum Maut-Debakel am Ende doch zu Ungunsten Scheuers ausgehen sollte, werde es Konsequenzen geben müssen, heißt es in der Landesgruppe.
Andererseits scharren einige Jüngere schon mit den Hufen. Söders Job wird es sein, eine neue CSU-Aufstellung für die Zukunft zu zimmern - ohne ellenlange zermürbende Selbstbeschäftigung wie in der SPD.
Die für Söder wichtigste CSU-Position: Alexander Dobrindt ist als Landesgruppenchef weiterhin fest gesetzt. Der CSU-Statthalter in Berlin ist auch der einzige, den Söder in Seeon öffentlich namentlich lobt: Exzellent, fachlich hoch präsent, innovativ - Söders Lobesworte für Dobrindt sind nachgerade überschwänglich. Das war bei der Landesgruppen-Klausur vor einem Jahr noch nicht absehbar. »Das war uns vor vielen Jahren nicht so in die Wiege gelegt, jedenfalls nicht erwartbar«, räumt Söder ein.
Auch wenn Söder bei wichtigen Entscheidungen den direkten Draht zu AKK und auch zu Merkel pflegt: Dobrindt ist sein wichtigster Mann auf dem Berliner Parkett. Einer, der in Koalitionsausschüssen und in inhaltlichen Detailverhandlungen mit allen Wassern gewaschen ist. Und einer, der ebenso wie Söder als gewiefter politischer Stratege gilt.
Dobrindt dürfte deshalb auch ein wichtiger Ratgeber für Söder sein, wenn es um die künftige Aufstellung in Berlin geht. Und nach diesem Auftritt von AKK in Seeon könnte es schon bald Beratungsbedarf geben.