London (dpa) - Umjubelt von Hunderttausenden galten Prinz Harry (35) und Herzogin Meghan (38) bei ihrer Hochzeit im Mai 2018 als modernes Gesicht der britischen Königsfamilie.
Er: ein charmanter Spaßmacher, der auch über sich selbst lachen kann und öffentlich über Schwächen spricht. Sie: eine Frau mit afroamerikanischen Wurzeln, die sich aus eigener Kraft nach oben gearbeitet hat.
Neben dem pflichtbewussten Prinz William (37) und der stets akkurat auftretenden Herzogin Kate (38) waren sie die perfekte Ergänzung. Doch kaum zwei Jahre später schien alles in Scherben zu liegen. Denn Harry und Meghan wollen gemeinsam mit ihrem acht Monate alten Sohn Archie in Großbritannien und Kanada leben, finanziell unabhängig sein und sich teilweise von ihren royalen Verpflichtungen zurückziehen.
Nun sieht es so aus, als ob es wieder eine Kehrtwende gibt: Die 93-jährige Queen reißt mit Wohlwollen und Verständnis das Ruder herum. In einer Stellungnahme nach einem Krisentreffen auf ihrem Landsitz zeigte sie sich ungewohnt milde, familienorientiert und wohlwollend. Der Tenor ihres Schreibens: Harry und Meghan sollen ihr neues Leben in Kanada und Großbritannien genießen. Doch es gebe noch Themen, die schon in den kommenden Tagen geklärt werden müssten.
Das dürften vor allem finanzielle Fragen sein. Welche Unterstützung bekommen die beiden Royals in Zukunft? Und welche Geschäfte dürfen sie als Mitglieder der Königsfamilie überhaupt machen?
Klar ist: Harry und Meghan sind nicht arm. Aufgrund ihres Promistatus wird ihnen schon jetzt eine rosige Zukunft vorausgesagt. Und zigfache Millionäre sind sie ohnehin schon: Ihr gemeinsames Vermögen wird auf 18 Millionen Pfund (über 21 Millionen Euro) geschätzt, wie die britische Nachrichtenagentur PA berichtete. Dazu zählt auch Harrys Erbe von seiner Mutter Prinzessin Diana, die vor mehr als 20 Jahren bei einem Autounfall in Paris starb. Und Meghan soll durch ihre frühere Arbeit als Schauspielerin (»Suits«) und im Mode-Bereich ebenfalls mehrere Millionen verdient haben.
Ob damit aber wirklich alles gut wird? Der Experte für royales Protokoll, William Hanson, attestierte Harry und Meghan »sehr schlechtes Benehmen«, weil sie die Queen und die anderen Royals nicht vorab über ihren Schritt informiert hätten. Zudem hält er die beiden für »ein kleines bisschen naiv«, was die Folgen betrifft. Wer beispielsweise solle für die Sicherheit der kleinen Familie sorgen, wenn die sich monatelang in Kanada aufhalte?
Die Schuld an der Krise gibt Hanson teilweise Meghan, die das Königshaus »über Nacht« habe umkrempeln wollen. »Das ist eine Institution, die auf das Jahr 1066 und weiter zurückgeht.« Die könne man nicht von einem Tag auf den anderen ändern. Meghan sei überambitioniert gewesen, sagte Hanson in einem Pressegespräch in London. Dabei wäre frischer Wind ja gut gewesen für das Königshaus.
In der Öffentlichkeit trifft die Entscheidung, die viele royalen Verpflichtungen aufzugeben, auf ein unterschiedliches Echo. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge unterstützen 45 Prozent der Briten die Entscheidung des Paares, nur 26 Prozent sind dagegen. Dafür findet eine deutliche Mehrheit (63 Prozent), dass Harry und Meghan auch kein Geld mehr vom Königshaus bekommen sollten.
Dass sich besonders das Verhältnis zwischen Harry und William abgekühlt hatte, war schon lange bekannt. Doch was brachte das Fass zum Überlaufen? Medien spekulierten, es könnte die Furcht Harrys gewesen sein, vom engsten Kreis der Familie ausgeschlossen zu werden. Ein kürzlich veröffentlichtes Foto des Königshauses schien genau das zu illustrieren: Es zeigt Königin Elizabeth II. mit ihren nächsten Thronfolgern Prinz Charles (71), William (37) und George (6). Charles, das ist bekannt, will das Königshaus verschlanken.
Fühlt sich Harry ausgestoßen und tritt deswegen die Flucht nach vorne an? Ein Journalist des britischen Senders ITV, der Harry besonders gut kennt, glaubt genau das. Tom Bradby begleitete das Paar auf eine Reise ins südliche Afrika im Herbst. In seiner Dokumentation gaben die beiden so deutlich wie nie zuvor zu erkennen, wie unglücklich sie mit der aktuellen Situation sind. Harry sprach von unterschiedlichen Pfaden, auf denen er und sein Bruder William sich befänden. Meghan machte deutlich, dass sie sich unfair behandelt fühlt.
Möglicherweise, so Bradby, wollten die beiden bereits den Boden bereiten für ihre Entscheidung. Den Vorwurf, sie hätten der Familie keinerlei Vorwarnung gegeben, weist Bradby zurück. Harry habe die Vorstellungen über seine künftige Rolle im Königshaus auf Wunsch der anderen Royals bereits schriftlich vorgelegt. Dieses Dokument sei dann aber zu seiner Enttäuschung an die Presse gelangt. Überraschend sei allenfalls der Zeitpunkt gewesen, zu dem das Paar seine Entscheidung selbst veröffentlichte.