Die kleine Demonstration ist Teil des Vortrags, zu dem der Biologe und Sportwissenschaftler eingeladen hat in sein Gesundheitszentrum in Kusterdingen. »Neue Wege bei Arthrose« heißt das Thema, und der Saal ist rappelvoll. Manche Zuhörer bewegen sich eher mühsam zu ihren Stühlen, und sie schauen ein wenig neidisch auf das Foto, das Feil zu Beginn an die Wand geworfen hat: Es zeigt ein munteres älteres Paar, das vor lauter Lebensfreude in die Luft springt. So beweglich und fit zu sein - das wär's.
Wolfgang Feil sagt, da könne man hinkommen. Oder jedenfalls in die Nähe davon. Wobei er zu Beginn seiner Karriere nicht gerade Arthrosepatienten im Blick hatte. Der promovierte Biologe (51) arbeitete schon nach dem Studium mit Spitzensportlern und beschäftigte sich mit der Frage, welche Nährstoffe ihnen zu höherer Leistung verhelfen könnten. Er entwickelte und vertreibt spezielle Nahrungsergänzung dafür. Heute betreut Feil als Vitalstoffexperte unter anderem das Handball-Nationalteam der Männer, Top-Triathleten, die Rottenburger Bundesliga-Volleyballer, die Tübinger Basketballer und die Hoffenheimer Bundesliga-Kicker.
Der Körper eines Spitzensportlers muss optimal versorgt sein, damit er das viele Training verträgt, schnell regeneriert und punktgenau Topleistungen abgerufen werden können - ohne Doping, versteht sich. Dafür optimiert Feil die Ernährung der Athleten. Nach hartem Training gibt es im Körper Entzündungsreaktionen. Die behindern aber die Regeneration. Feil stellte fest, dass die Entzündungswerte niedriger waren, wenn die Sportler viele Kräuter und scharfe Gewürze aßen. Geringe Werte heißt: Die Athleten sind besser trainierbar. »Die Erkenntnisse aus dem Spitzensport sind auf viele Volkskrankheiten übertragbar.«
Womit wir wieder bei der Arthrose wären. Die sieht Feil nicht nur als Abnutzungserscheinung, sondern auch als Entzündungsproblematik und als »Knorpel-Verhungerungskrankheit«. Rund um den Gelenkschaden gebe es lebende Knorpelzellen, die man füttern könne, damit sich neue Knorpelmasse bildet.
Was also soll Otto Normalpatient tun, wenn ihm zwar nicht nach Spitzensport ist, aber vielleicht nach einer halbwegs schmerzfreien Wanderung? Feil rät zunächst von fettem Fleisch und von Wurst dringend ab: »Das erhöht die Schmerzen« - wegen der gesättigten Fettsäuren. Chilis dagegen linderten die Entzündungen und seien ein prima Schleimhautschutz. Auch ordentliche Portionen Ingwer wirkten wie ein Schmerzmittel. Scharf ist gesund, sagt Feil: Alles, was das »Stoffwechselfeuer« entfacht, steht bei ihm ganz vorn auf der Liste. Pfeffer, Kurkuma - davon darf es gern richtig viel sein. Unermüdlich preist er den täglichen »Gewürzjoghurt«, in den man die Scharfmacher allesamt einrühren kann.
Und sonst? Jeden Tag enzymreiches Obst und natürlich auch Gemüse; besonders zu empfehlen sei Brokkoli. Regelmäßig Zwiebeln, Knoblauch, Sprossen, eine Handvoll frische Kräuter - und Zimt. Nicht zu vergessen: Walnüsse und Leinöl. Die Omega-3-Fettsäuren darin könnten ebenfalls helfen, Entzündungen zu senken und Schmerzen zu lindern. Über zweieinhalb bis drei Liter Flüssigkeit am Tag freue sich der Knorpel. Etliche Zuhörer machen schon lange Gesichter. Sie hellen sich auf bei der Nachricht, dass Kaffee, Rotwein und dunkle Schokolade auf den Ernährungsplan dürfen.
Einem deutlichen Gelenkschaden kommt man so allerdings noch nicht bei. Wolfgang Feil setzt in diesen Fällen auf medizinische Nahrungsergänzung mit vier Wirkstoffen. Zum einen sind das Ackerschachtelhalm-Präparate wegen der darin enthaltenen gut bioverfügbaren Kieselsäure. Auch den Ackerschachtelhalm hat er zuerst im Spitzensport getestet. Neben dem »Chefnährstoff« Kieselsäure brauche das Gelenk Glucosamin, Chondroitin und Kollagenhydrolysat. »Alles zusammen sorgt für den Knorpelaufbau.« Aber die Patienten müssten Geduld haben. Drei bis neun Monate dauert es nach Feils Erfahrung, bis Gelenkschäden sich auf diese Weise besserten, bei einer angeschlagenen Hüfte könne auch mal ein Jahr ins Land gehen.
Diese Zeit sollte man nicht auf dem Sofa verbringen. Spazierengehen, Radfahren, Schwimmen oder Aquafitness, und dazu Krafttraining: Die individuell richtig dosierte Bewegung ist ein weiterer Baustein der Arthrose-Therapie. Für ebenso wichtig hält Feil eine gesunde Darmflora, auf dass die Nährstoffaufnahme gut funktioniert. Und zum Schluss: »Gute Gedanken fördern die Selbstheilungskräfte.« Man halte sich fern von einem Umfeld, »wo nur gejammert wird«.
Nach dem Vortrag gibt es viel Applaus. Die Pharmaindustrie sei weit weniger begeistert von seinen Thesen, hat Wolfgang Feil im Gespräch davor erzählt. »Die mag mich nicht, weil ich sage, die Menschen sollen ihre Gesundheit selbst in die Hand nehmen.« Anders gehe es aber nun mal nicht - schon gar nicht in unserem angeschlagenen Gesundheitswesen. »Die Ärzte können im derzeitigen System viel zu wenig Beratung bieten. Ein beratungsstarker Arzt kriegt seine Praxis nicht finanziert.« Dazu komme, dass vielen Patienten die langfristige Schmerzmittel-Einnahme nicht gut tut: »Sie wollen andere Wege gehen.« Seine Erfahrung sei, dass sich mit üppigen Portionen von Kräutern und Gewürzen oft die Schmerzmittel-Dosis senken lasse.
Von den Medizinern kriegt Feil Zustimmung ebenso wie heftige Schelte. Aber: »Alles, was wir sagen, ist über Studien abgedeckt.« Wir, das sind die Mitglieder seiner interdisziplinären Forschungsgruppe aus Medizinern, Biologen, Sport- und Ernährungswissenschaftlern sowie Heilpraktikern, die Erkenntnisse aus ihren Arbeitsgebieten zusammentragen und auswerten. »Der wissenschaftliche Fortschritt ist so rasant, das überblickt man als Einzelner gar nicht mehr.«
Viel Fortschritt gab es zum Beispiel beim Thema Entzündungen. »Früher wusste man nicht, was gerade die subklinischen Entzündungen ausmachen.« Subklinisch heißt, dass kaum Symptome vorhanden sind, die Entzündungen aber trotzdem den Körper schädigen. Fettzellen übrigens, sagt Feil, produzieren Botenstoffe, die Entzündungen auslösen können. Für Menschen mit viel Bauchfett bedeutet das: Die inneren Organe sind von potenziell schädlichen »Entzündungszellen« umgeben. Grund genug, abzuspecken - wobei sich jedes Kilo weniger günstig auf die Gelenke auswirkt.
Wolfgang Feil weiß, dass auch der mitreißendste Vortrag nicht unbedingt bewirkt, dass die Zuhörer ihren Lebensstil ändern und ihre Gesundheit selbst in die Hand nehmen. Die Einstellung »Der Arzt macht mich gesund« sei weit verbreitet. Zumal man sich lange ungestraft schlecht ernähren könne - die Quittung kommt erst später. Andererseits sei der Körper auch enorm regenerationsfähig. Das Alter, sagt Wolfgang Feil, spielt dabei keine große Rolle. »Auch mit 80 geht noch was.« (GEA)