REUTLINGEN. Pescara, eine italienische 118.000-Einwohner-Stadt an der Adria, war für Gerd Gruschwitz eine Reise wert. Der Reutlinger holte bei den Senioren-Europameisterschaften der Volleyballer mit der deutschen Ü65-Nationalmannschaft die Silbermedaille. »Toll, dass ich das am Schluss meiner Laufbahn noch erleben durfte«, sagte der 64-Jährige in einem Gespräch in den Redaktionsräumen des GEA.
Gruschwitz gehörte erstmals zum Kreis der Nationalmannschaft, mit der es zu Beginn des Jahres den ersten Kontakt gab. »Teammanager Uwe Schlittenhard hat mich zu einem Trainingslager nach Backnang eingeladen.« Gruschwitz hinterließ dabei offensichtlich einen guten Eindruck. Jedenfalls war er bei den europäischen Titelkämpfen eine feste Größe im mit ehemaligen Erst- und Zweitligaspielern bestückten deutschen Ensemble.
Ukraine eine Klasse für sich
In der Ü65, der international höchsten Altersstufe, mussten sich Gruschwitz & Co. lediglich der Ukraine geschlagen geben. »Nachdem wir gegen Slowenien, das in der Vergangenheit ein Angstgegner der Deutschen gewesen sein soll, mit 2:0 gewannen, hatten wir im Gruppenspiel gegen die Ukraine beim 0:2 keine Chance«, berichtet Gruschwitz vom EM-Turnier. Im Endspiel ging es wieder gegen die Ukraine. »Wir waren besser im Spiel als in der Vorrunde und hätten sogar eine Siegchance gehabt.« Nachdem der Zuspieler aber Probleme mit der Achillessehne bekam, ging auch diese Partie 0:2 verloren.
»Zum Spaß« meldete sich Gruschwitz für das Beach-Volleyballturnier an, das ebenfalls einen EM-Status hatte. »Ich spielte mit Roland Veit aus Chemnitz, den ich vorher gar nicht kannte.« Auch im Beach war die Ukraine eine Nummer zu groß, gegen die im Viertelfinale das Aus kam. Platz fünf stand am Ende für das Duo Gruschwitz/Veit zu Buche.
Die EM in Pescara war für den Reutlinger ein Erlebnis, auf das er sich intensiv vorbereitete. Gruschwitz ist eh ein Typ, der viel für seine Fitness tut. Freitags findet in der AEG-Sporthalle ein Training der Ehemaligen statt, mindestens einmal pro Woche steht eine Krafttrainingseinheit auf dem Programm und sonntags absolviert er mit seiner Frau auf dem Trimm-Dich-Pfad im Markwasen eine Einheit mit verschiedenen Kraftübungen. Apropos Trimm-Dich-Pfad: »Ein Kompliment an die Stadt für die Instandhaltung«, findet Gruschwitz lobende Worte für die Stadtverwaltung. Seine Frau Brita Krich-Gruschwitz ist in der Volleyball-Szene ebenfalls ein bekanntes Gesicht, spielte sie doch einst für die TSG Tübingen in der 1. und 2. Liga.
Mit dem VfL Pfullingen knapp den Aufstieg in die 2. Bundesliga verpasst
Gerd Gruschwitz begann bei der TSG Reutlingen mit dem Volleyballspielen. Später schloss er sich dem PSV Reutlingen und VfL Pfullingen an. Mit Pfullingen verpasste er 1987 denkbar knapp den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Gruschwitz selbst hätte in Richtung 2. Liga entfleuchen können, hatte er doch ein Angebot des MTV Stuttgart auf dem Tisch liegen. »Wegen des Examens war mir der Aufwand zu groß«, begründet er seine Absage. Später fungierte der Lehrer, der viele Jahre am Gymnasium in Münsingen und seit 2019 in Reutlingen am Albert-Einstein-Gymnasium unterrichtet (Sport, Gemeinschaftskunde, Erdkunde, Wirtschaft), als Spielertrainer beim PSV Reutlingen und VfL Pfullingen.
Die Senioren des PSV qualifizierten 2009 für die deutsche Meisterschaft, »danach ist das Team auseinandergebrochen«, so Gruschwitz. Er orientierte sich dann in Richtung SV Winnenden, mit dem er 2014 und 2022 jeweils Zweiter bei den deutschen Senioren-Titelkämpfen wurde.
Wie beurteilt er die Nachwuchs-Situation in Reutlingen? Im weiblichen Bereich der TSG laufe es sehr gut. Und der männliche Nachwuchs des PSV habe »eher ein Trainerproblem«. Gruschwitz wirft sein Wissen und Können als Aushilfstrainer beim Frauen-Landesligisten SG TSG Reutlingen II/TSV Betzingen in die Waagschale. Und hält sich persönlich fit. Für den nächsten großen Titelkampf mit der Senioren-Nationalmannschaft. (GEA)