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Was die 0:4-Niederlage im Südgipfel über den VfB Stuttgart verrät

Der VfB Stuttgart wird im Bundesliga-Südgipfel mit einer knackigen 0:4-Packung vom FC Bayern auf die Heimreise geschickt. Vor allem ein Punkt war bei der Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß anders als gewohnt.

Enttäuschte Mienen beim VfB Stuttgart nach dem Spielende in der Allianz Arena.
Enttäuschte Mienen beim VfB Stuttgart nach dem Spielende in der Allianz Arena. Foto: Eibner-Pressefoto/Michael Weber
Enttäuschte Mienen beim VfB Stuttgart nach dem Spielende in der Allianz Arena.
Foto: Eibner-Pressefoto/Michael Weber

MÜNCHEN. Irgendetwas war anders am Samstagabend. Man konnte es greifen, man konnte es spüren. Die enttäuschten Mienen der Stuttgarter Profis auf dem Rasen der Allianz Arena beim Gang in Richtung der bis auf den letzten Platz gefüllten Gäste-Kurve nach dem Schlusspfiff waren nicht zu ignorieren. Die deutlichen Worte der VfB-Verantwortlichen wenige Minuten später kaum zu überhören. Und alle waren sich einig: Das war in allen Belangen zu wenig von den Mannen um Kapitän Atakan Karazor. Mit einer knackigen 0:4 (0:0)-Packung wurden die Bad Cannstatter im Südgipfel vom FC Bayern auf die Rückfahrt der nahe am Münchner Stadion gelegenen A8 geschickt.

Der Unterschied zu Niederlagen aus der jüngeren sportlichen Vergangenheit? Der VfB Stuttgart war dieses Mal tatsächlich komplett chancenlos und klar unterlegen. Das hatte es in dieser Form lange nicht mehr gegeben. Der Blick auf die Statistiken des Bundesliga-Topspiels verrät nichts Gutes. Einen einzigen mickrigen Torschuss gaben die Stuttgarter während der gesamten Partie ab. Zudem brachte das Team von Trainer Sebastian Hoeneß nur 78 Prozent aller Pässe an den Mann. Für eine Mannschaft, die in dieser Statistik gewöhnlich in Richtung einer 90-prozentigen Erfolgsquote schielt, ist das eine bedenkliche Ausbeute. Und: In gleich 57 Prozent der Duelle ging der VfB als Verlierer aus den Zweikämpfen.

FC Bayern mit der totalen Dominanz

Es stellt sich die Frage: War der Gegner so gut oder der VfB so schlecht? Sportvorstand Fabian Wohlgemuth, ansonsten eigentlich ein ruhigerer Vertreter seiner Zunft, wurde nach der Partie für seine Verhältnisse sehr deutlich und sprach von einer »geschlossenen Minderleistung« und gar »einem Nackenschlag«. Trainer Hoeneß kündigte eine Analyse an und betonte, dass man nun nicht einfach so »zur Tagesordnung« übergehen könne. Und Neu-Nationalspieler Jamie Leweling? Der sagte: »Das ist halt der FC Bayern, nh?«

Was der 23-Jährige, der erst wenige Tage zuvor an gleicher Stelle sehr erfolgreich sein Debüt im DFB-Dress gegeben hatte, auch hätte sagen können: Das ist wieder der FC Bayern wie man ihn über den Großteil der vergangenen eineinhalb Jahrzehnte in Erinnerung gehabt hatte. Es war die totale Dominanz und Kontrolle, die der deutsche Rekordmeister am Samstag in allen Bereichen ausstrahlte. Die Erinnerungen an die Bayern-Zeiten unter Pep Guardiola werden unter dem neuen Coach Vincent Kompany immer öfter wach.

Vagnoman vergibt Führung aus aussichtsreicher Position

Wohlgemuth hatte natürlich recht, dass die Offensive um das 47-Millionen-Euro teure Angriffsduo Deniz Undav und Ermedin Demirovic »zu wenig durchschlagskräftig« war und »zu wenige Chancen kreiert wurden«. Doch bei dieser Betrachtung muss immer auch berücksichtigt werden, welchen Spielraum der Gegner einer Mannschaft grundsätzlich dafür gibt. Das ging in diesem Fall gegen Null. Mit der absoluten Konsequenz und Entschlossenheit erstickte das oft gescholtene und nun so stark aufspielende Münchner Innenverteidiger-Duo Dayot Upamecano und Min-jae Kim jede noch so kleine Angriffsbemühung des VfB bereits im Keim.

Einzig Stuttgarts Flügelspieler Leweling sorgte hin und wieder für einen kleinen Hauch von offensiver Gefahr. Wie zum Beispiel nach 54 Minuten, als er im Strafraum Upamecano austanzte und im Rückraum Josha Vagnoman fand, der den Ball allerdings überhastet über den Kasten setzte. Das war gleichzeitig die beste Gäste-Chance. Doch selbst wenn der Rechtsverteidiger - nach einer weitestgehend ereignislosen ersten Hälfte - in dieser Situation die überraschende Führung für den bis dato offensiv wirkungslosen VfB erzielt hätte, ist stark davon auszugehen, dass sich der FC Bayern mit dieser dominanten Spielanlage zurückgemeldet hätte.

VfB bricht nach Rückstand komplett ein

Eindrucksvoll zurückgemeldet hat sich dagegen Harry Kane. Nach zuletzt einigen torlosen Wochen - seinen letzten Treffer erzielte der englische Star-Angreifer am 21. September beim 5:0 in Bremen - erledigte der 31-Jährige den VfB mit einem lupenreinen Hattrick binnen 23 Minuten im zweiten Durchgang praktisch im Alleingang. Nachdem die Partie in der ersten Hälfte »in die Richtung ging, wie wir es uns erhofft haben«, so Hoeneß, brach seine Mannschaft nach dem 0:1-Rückstand (57.) durch einen platzierten Fernschuss von Kane - bei dem Keeper Alexander Nübel aber nicht die glücklichste Figur abgab - komplett ein und kam unter die Räder. Auch das sah man in der nun fast eineinhalb Jahre langen Amtszeit des 42-jährigen Coaches selten.

Und so war einiges anders als gewohnt mit Blick auf den VfB Stuttgart, der damit auch im vierten Pflichtspiel in Folge ohne Sieg bleibt. Eines bleibt jedoch beim Alten: Der Vizemeister aus Bad Cannstatt findet in dieser Saison noch in keinen Rhythmus. Die Leichtigkeit des Seins aus der vergangenen Spielzeit ist weg. Erst zwei Dreier aus sieben Bundesliga-Spielen. Mit anderen Worten: Das Mittelmaß droht. (GEA)