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Was beim VfB Stuttgart schiefläuft

Die 0:1-Niederlage des VfB Stuttgart gegen den FC St. Pauli ist ein Spiegelbild der wechselhaften Saison und offenbart Probleme in den Reihen der Bundesliga-Fußballer. Sportvorstand Wohlgemuth sieht Handlungsbedarf.

Nick Woltemade vom VfB zieht gegen den Torschützen Johannes Eggestein (am Ball) den Kürzeren.
Nick Woltemade vom VfB zieht gegen den Torschützen Johannes Eggestein (am Ball) den Kürzeren. Foto: Halisch/Witters
Nick Woltemade vom VfB zieht gegen den Torschützen Johannes Eggestein (am Ball) den Kürzeren.
Foto: Halisch/Witters

STUTTGART. Nach dem Schlusspfiff sank eine handvoll Spieler des FC St. Pauli völlig erschöpft zu Boden. Der Rest sprang mit den letzten Kraftreserven durch die Gegend und feierte nach dem Erfolg gegen den VfB Stuttgart, als ob der Klassenerhalt gesichert sei. Die Schwaben und ihr Trainer Sebastian Hoeneß schlichen dagegen nach der 0:1-Heimniederlage gegen den Bundesliga-Aufsteiger mit bedröppelten Mienen vom Feld.

Unterschiedlicher hätten die Gemütslagen nicht sein können. St. Pauli-Coach Alexander Blessin freute sich: »Wir sind maximal glücklich über die drei Punkte und dass wir uns mal belohnt haben.« Seine Mannschaft wäre in vielen Begegnungen gegen Top-Teams immer nah an etwas Zählbarem dran gewesen, am Ende hätte es aber immer wieder knapp nicht gereicht, erklärte der ehemalige Fußballer des VfB Stuttgart II und SSV Reutlingen. »Wir waren in den richtigen Räumen sehr aggressiv. Wie wir uns in jeden Ball reingeschmissen haben, war bravourös.« Tief saß der Frust bei seinem Gegenüber Hoeneß. Denn der konnte das von seinem Team trotz mehr als 70 Prozent Ballbesitz nicht behaupten. In den entscheidenden Situationen leistete sich der VfB haarsträubende Fehler und offenbarte erhebliche Probleme.

- Vakuum in der Offensive
Als größtes Manko der Cannstatter erwies sich in der ausverkauften MHP Arena die fehlende Durchschlagskraft in der Offensive. Seit dem Weggang von Torjäger Serhou Guirassy tut sich der Vizemeister gegen tiefstehende Gegner wie die Hamburger extrem schwer, gefährlich zu werden. Zwar standen am Ende 25(!) Schüsse in der Statistik, das Problem daran: Der Großteil der Versuche erwies sich als äußerst harmlos, ging daneben oder baute Gäste-Keeper Nikola Vasilj auf. Durchs Zentrum ging nach vorne nichts. Teilweise sah es aus, als ob keiner der drei Offensivspieler überhaupt daran interessiert sei, in der kompakten Abwehrreihe für Unruhe zu sorgen. Stattdessen ließen sich Enzo Millot, Nick Woltemade und Ermedin Demirovic immer wieder ins Mittelfeld fallen und versuchten, gegen das Defensivbollwerk so an Bälle zu kommen, was selten gelang. Ganz vorne bildete sich ein Vakuum. Weil es durch die Mitte kein Durchkommen gab, ging es also über außen, doch auch das brachte keinen Erfolg.

- Abwehrexperiment gescheitert
Auch die Idee, mit drei Innenverteidigern, darunter der Außenbahnspieler Maximilian Mittelstädt, die schnellen Konter des FC St. Pauli zu unterbinden, scheiterte. Generell wirkte die VfB-Defensive häufig überfordert und leistete sich grobe Patzer. Nach einem Querschläger von Torwart Alexander Nübel verpasste gleich eine handvoll Stuttgarter die Möglichkeit, den Ball zurückzuerobern. Leichtes Spiel hatte Johannes Eggestein, der abzog und das erste Tor nur knapp verpasste. Nach 21 Minuten sah das anders aus. Nochmal ließ sich der Stürmer das Geschenk nicht entgehen. Zuerst spielte VfB-Verteidiger Anthony Rouault einen indiskutablen Fehlpass aus der hinteren Reihe ins zentrale Mittelfeld. Angelo Stiller, Jeff Chabot und Mittelstädt verpassten die Chance zu klären - und da war es, das Tor des Tages. Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit brachte dann der eingewechselte Anrie Chase den auffälligen Dapo Afolayan auf der Strafraumgrenze stümperhaft zu Fall. Dass das Match nicht schon frühzeitig verloren war, verdankten die Stuttgarter ihrem Keeper. Nübel blieb gegen Eggesteins Elfmeter einfach in der Mitte stehen und parierte.

Afolayan veröffentlicht rassistische Anfeindungen

Stürmer Oladapo Afolayan hat nach der Bundesliga-Partie seines FC St. Pauli beim VfB Stuttgart rassistische Anfeindungen in den Sozialen Netzwerken öffentlich gemacht. Bei Instagram postete der 27-Jährige Screenshots von schweren Beleidigungen mit den Worten »Willkommen im Leben eines schwarzen Fußballspielers im Jahr 2024«. (SID)

- Verantwortliche sehen Handlungsbedarf
Die Schwierigkeiten, die gegen St. Pauli erneut offensichtlich wurden, sehen auch die VfB-Verantwortlichen. »Es ist so, dass wir weniger Gegentore bekommen müssen«, sagte Hoeneß. »Es ist gar nicht so, dass wir so viel zulassen, aber vieles, was wir zulassen, ist vermeidbar«, stellte der Coach fest. Sportvorstand Fabian Wohlgemuth dachte schon weiter. »Man kann schon sagen, dass die defensive Stabilität Schwankungen unterworfen war«, erklärte er mit Blick auf 40 Gegentore in 25 Pflichtspielen. »Deswegen manchen wir uns Gedanken, ob wir da was ändern. Wenn es Lösungen gibt, können Vorgriffe möglich sein«, meinte der 45-Jährige mit Blick auf das Transferfenster. (GEA)