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Warum dieser Reutlinger wieder ins VfB-Präsidium will

Andreas Grupp gibt vor der Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart am Samstag bei einem Treffen mit dem Fanclub Schwaben-Piranhas Reutlingen spannende Einblicke, was er mit Interimspräsident Dietmar Allgaier bislang erreicht hat und welche Ziele der 41-Jährige Reutlinger in Zukunft mit dem Traditionsclub bei einer Wiederwahl verfolgt.

Das Präsidiumsmitglied des VfB Stuttgart, Andreas Grupp, zieht im GEA-Interview seine persönliche 100-Tage-Bilanz.
In den vergangenen Monaten hat Andreas Grupp zusammen mit Dietmar Allgaier das Interims-Präsidium des VfB geleitet. Foto: STEFFEN SCHANZ
In den vergangenen Monaten hat Andreas Grupp zusammen mit Dietmar Allgaier das Interims-Präsidium des VfB geleitet.
Foto: STEFFEN SCHANZ

STUTTGART. Am Ende herrschte Uneinigkeit im Clubrestaurant des VfB Stuttgart nach dem 2:2-Unentschieden des Bundesliga-Vizemeisters Anfang März bei Aufsteiger Kiel. Klar habe man nach der Roten Karte in Minute 52 fast die gesamte zweite Hälfte in Unterzahl agieren müssen, meinte Heiko Wirkner. Gleichzeitig fügte der Vorsitzende des nach dem Meistertitel 2007 gegründeten VfB-Fanclubs Schwaben-Piranhas Reutlingen und frühere Tischtennis-Bundesligaspieler des SSV Reutlingen hinzu: »Deshalb ist das 2:2 auch okay. Auch wenn es natürlich nicht ganz den Ansprüchen von uns Fans entspricht. Aber es ist nun mal kein Wunschkonzert.«

Die gestiegene Erwartungshaltung. Auch damit muss der Reutlinger Andreas Grupp umgehen, sollte er am Samstag in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle auf der Mitgliederversammlung des VfB (Einlass bereits ab 9.30 Uhr) erneut ins Präsidium gewählt werden. Der Neffe des schillernden Ex-Trigema-Chefs Wolfgang Grupp und Sohn von Johannes Grupp, Geschäftsführer der Firma Plastro Mayer in Trochtelfingen, bekleidet den Präsidiumsposten nach der Abwahl von Ex-Präsident Claus Vogt seit der außerordentlichen Mitgliederversammlung im Juli des vergangenen Jahres. Er sitzt damit auch im Aufsichtsrat der VfB AG.

Andreas Grupp (im Anzug in der Mitte) mit dem VfB-Fanclub Schwaben-Piranhas Reutlingen in der Stuttgarter Geschäftsstelle.
Andreas Grupp (im Anzug in der Mitte) mit dem VfB-Fanclub Schwaben-Piranhas Reutlingen in der Stuttgarter Geschäftsstelle. Foto: Ott
Andreas Grupp (im Anzug in der Mitte) mit dem VfB-Fanclub Schwaben-Piranhas Reutlingen in der Stuttgarter Geschäftsstelle.
Foto: Ott

Den Posten im Präsidium möchte der 41-Jährige behalten und die Zukunft beim Traditionsclub weiter fleißig mitgestalten. Auch deshalb lud Grupp den Reutlinger Fanclub vor zwei Wochen zu einem Gespräch vor Ort ein. Besser gesagt in der Kantine der VfB-Profis. Dort nahm sich der bei Aldi als Direktor im Real-Estate-Bereich arbeitende Ex-Spieler des TSV Trochtelfingen viel Zeit für die Fragen der Fanclub-Mitglieder.

- Die Ausgangslage
Als Kandidaten für das Präsidentenamt sind Dietmar Allgaier, Jochen Haas und Pierre-Enric Steiger nominiert. Den Kandidatenkreis für die weiteren Mitglieder des Vereinspräsidiums bilden Grupp, Stefan Jung, Bernadette Martini, Michael Reichl und Dr. Bertram Sugg. Zwei von ihnen werden am Ende gewählt. Grupp macht eine mögliche Amtszeit nicht abhängig davon, ob Allgaier von den Mitgliedern vom Interimspräsidenten zum Vereinsoberhaupt für die kommenden fünf Jahre gewählt wird. Natürlich ist das allerdings seine absolute Wunschkonstellation. Der Reutlinger spricht von einer sehr guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Allgaier, der im Hauptjob als Ludwigsburger Landrat arbeitet. »Wir konnten beim VfB wieder für Positivität und einer Stabilität im Verein sorgen. Das sind jetzt zwar erst acht Monate, aber den eingeschlagenen Weg wollen wir gerne weitergehen«, betont Grupp.

- Das Geschaffte
Diese sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit hätten dazu geführt, dass im Verein vor allem wieder Ruhe eingekehrt sei. Die Grundvoraussetzung dafür, dass sich ein Verein weiterentwickeln kann. Grupp berichtet: »Es gab einige Themen, die kontrovers diskutiert wurden. Es ist aber nie irgendwas nach außen gedrungen.« In der Vergangenheit war häufig genau das Gegenteil der Fall. Auch deshalb entschied sich Grupp im vergangenen Sommer dazu, sich für den Präsidiumsposten zu bewerben. »Ich habe mich letztes Jahr sehr darüber geärgert, wie der VfB in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und repräsentiert wurde. Wie übereinander statt miteinander gesprochen wurde«, meint der Reutlinger.

Den VfB im Blut

»Der VfB begleitet mich schon mein Leben lang«, sagt Andreas Grupp. Sein Vater habe ihn als kleiner Junge schon immer mit ins Stadion genommen. »Unser Familienleben hat sich immer am VfB orientiert. Wenn Heimspiel war, stand fest: Wir sind im Neckarstadion. Urlaub, Skifahren und andere Dinge mussten wann anders passieren«, berichtet der 41-Jährige, der seit über 27 Jahren Mitglied beim VfB ist. (ott)

Bereits nach kurzer Zeit konnte das Interimsduo einen ersten großen Erfolg in einer ganz heißen Frage vorweisen. »Wir wollten als Erstes den Vorsitz im Aufsichtsrat wieder in die Hände des Präsidenten legen. Das ist uns auch in relativ kurzer Zeit gelungen«, sagt der 41-Jährige. Genau das war dem umstrittenen Ex-Präsidenten Vogt schlussendlich auch um die Ohren geflogen. Im März 2024 gaben die Schwaben bekannt, dass der Aufsichtsrat Tanja Gönner zur neuen Vorsitzenden des Kontrollgremiums gewählt hatte. Vogt war ab sofort nur noch »normales« Mitglied des Aufsichtsrats. Dem Wechsel vorausgegangen war der Wunsch von Anteilseigner Porsche nach einer personellen Veränderung an der Spitze des elfköpfigen Gremiums.

Es war eine brisante Entscheidung, die dazu führte, dass die VfB-Fans auf die Barrikaden gingen. Schließlich war genau das ein Versprechen bei der Ausgliederung 2017 an die Mitglieder gewesen. Vom damaligen Präsidenten Wolfgang Dietrich gab es damals die Zusage, dass der gewählte Präsident des e.V. auch das Kontrollgremium der AG anführen muss. Das solle in Zukunft natürlich weiter und wieder der Fall sein, so Grupp.

- Die Ziele mit dem VfB
Um diese Frage zu beantworten, muss zwischen der AG und dem e.V. unterschieden werden. Für die Profi-Abteilung gilt: »Über den Aufsichtsrat die Rahmenbedingungen und Leitplanken so zu setzen, dass der VfB in Zukunft wirtschaftlich ein solides Fundament hat.« Konkret bedeutet das: Sich bis 2030 nachhaltig unter den Top sechs der Bundesliga zu etablieren, wie Grupp berichtet.

Dann gibt es noch die Visionen mit dem e.V. - von dem und für den Grupp gewählt ist. »Da schlummert noch sehr viel Potenzial, was die Weiterentwicklung und die Professionalisierung der Abteilungen angeht«, berichtet er und gibt spannende Einblicke. »Wir haben festgestellt: Es gibt keine Strategie. Es gibt auch keine mittel- bis langfristige Budgetplanungen. Das ist schwierig. Wir haben eine Strategie skizziert, diese werden wir mit dem neu gewählten Vereinsbeirat besprechen und verabschieden, und im Nachgang mit den Abteilungen festlegen: Wo seht ihr euch in drei oder fünf Jahren? Und was müssen wir dafür tun? In personeller und infrastruktureller Art und was für ein Preisschild hängt da dran.«

Was man häufig vergisst: Der VfB Stuttgart ist nicht nur Fußball. Auch wenn er natürlich die größte Strahlkraft besitzt, hätte man darüber hinaus über 1.000 Athleten in den anderen Abteilungen, sagt der Reutlinger stolz. »Über 500 in der Hockey-Abteilung. Oder in der Leichtathletik. Da sind vom VfB sieben Athleten bei Olympia am Start gewesen und haben teilweise auch Medaillen mit nach Hause gebracht. Das ist schon auch ein Aushängeschild des VfB. Diese Sportarten kann man in Verbindung mit dem Verein und den Fußballern noch größer machen.« Was Grupp damit deutlich macht: Er will für alle da sein.

Zudem gelte es, das Vereinsleben weiter zu aktivieren. Talk-Formate wie Dunkelroter Tisch, gemeinsame Aktionen beim Weindorf und auf dem Wasen gebe es schon. Im Sommer würde nochmals eine neue Aktion, besser gesagt eine Intensivierung von »VfB im Lände starten«. Das Ziel: »Wir wollen über Stuttgart und die Region hinausgehen, um den Verein noch nahbarer und erlebbarer zu machen. Wir haben zusammen mit der AG einen Weg eingeschlagen und glauben, das in Zukunft noch mehr verankern zu können«, freut sich der 41-Jährige schon jetzt.

- Das Sportliche
Vereinspolitik hin oder her. Die Mitglieder des Reutlinger Fanclubs wollten auch Antworten auf Fragen mit Blick auf das aktuelle sportliche Geschehen bei ihrem Lieblingsclub. Zum Beispiel: Bleibt Erfolgscoach Sebastian Hoeneß oder nicht? »Es ist kein Geheimnis, dass er ein sehr gefragter Trainer ist. Nicht nur in der Bundesliga , sondern europaweit. Ich glaube sein Herz hängt am VfB, er fühlt sich hier sehr wohl. Wenngleich wir jetzt in die Gespräche gehen. Bis Ende April muss feststehen, ob er bleibt oder geht. Nur bis dahin kann die Ausstiegsklausel aktiviert werden«, sagt Grupp.

Auch ein anderer Punkt steht bei den Mitgliedern hoch im Kurs. Die 2021 gegründete Frauen-Abteilung. Der VfB liegt als Aufsteiger in der Regionalliga Süd nach 15 Spielen mit drei Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze. Das Ziel sei der direkte Durchmarsch in die zweite Liga. In zwei bis drei Jahren wolle man dann mit den Frauen erstmals in der Bundesliga spielen. »Dafür sind auch infrastrukturelle Maßnahmen geplant«, berichtet der Reutlinger. Es soll auf der Festwiese, die gegenüber von der MHP-Arena liegt, ein Stadion entstehen, das ein Fassungsvermögen zwischen 10.000 und 15.000 Zuschauer hat. (GEA)