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VfB-Profi spielt sich bei Kantersieg gegen den BVB in den Fokus

In einem Duell mit ganz besonderen Vorzeichen schießt der VfB Stuttgart den in allen vorstellbaren Belangen unterlegenen Champions-League-Finalisten Borussia Dortmund mit 5:1 (2:0) aus der MHP-Arena. Ein Ergebnis, das nicht einmal im Ansatz zu hoch ausfällt.

Der überragende Mann in einer bärenstark aufspielenden Mannschaft: Stuttgarts Kreativgeist Enzo Millot (links).
Der überragende Mann in einer bärenstark aufspielenden Mannschaft: Stuttgarts Kreativgeist Enzo Millot (links). Foto: Strobel/dpa/dpa
Der überragende Mann in einer bärenstark aufspielenden Mannschaft: Stuttgarts Kreativgeist Enzo Millot (links).
Foto: Strobel/dpa/dpa

STUTTGART. Was ein fettes Statement in einem Duell mit ganz besonderen Vorzeichen. Wilderte der BVB im Sommer auf dem Transfermarkt kräftig im Schwabenland und holte sich mit Waldemar Anton und Serhou Guirassy zwei absolute Erfolgsgaranten der vergangenen Vizemeister-Saison in die Mannschaft, so verteilte der VfB Stuttgart nur wenige Monate später der Dortmunder Borussia als Antwort darauf eine ordentliche Tracht Prügel. Es war ein Klassenunterschied, den die gesamte Fußball-Nation am Sonntagabend zu Gesicht bekam. Die Stuttgarter dominierten in allen vorstellbaren Belangen und deklassierten den Champions-League-Finalisten mit sage und schreibe 5:1 (2:0) vor heimischer Kulisse.

Es war ein Ergebnis, das nicht einmal im Ansatz zu hoch ausfällt und eine denkwürdige Partie, die keiner der 60.000 Zuschauer je vergessen wird. Vor allem nicht Waldemar Anton. »Auf Wiedersehen«, skandierten die VfB-Fans nach dem Abpfiff höhnisch im Chor in Richtung des deutschen Nationalverteidigers, der sich wie im falschen Film vorgekommen sein muss und der noch im Frühjahr in einem Interview betonte, wie toll alles in der baden-württembergischen Landeshauptstadt sei und wie viel ihm der Traditionsclub doch bedeute.

Diese Aussagen flogen dem 28-Jährigen - anders als Angreifer Guirassy, der den Ehrentreffer für die Schwarz-Gelben beisteuerte, aber nach seiner Verletzung längst noch nicht richtig fit wirkt - nun heftig um die Ohren. Im wahrsten Sinne des Wortes. Anton durchlebte einen echten Höllenritt. Bei jedem Ballkontakt verwandelte sich die gesamte MHP-Arena in ein empfindlich lautstarkes Meer an Pfiffen. Nicht ausgeschlossen, dass sämtlichen Ohrenärzten aus der Region ein arbeitsintensiver Start in die Woche bevorstehen könnte. In dieser Form hat man das - zumindest in der Bundesliga - vermutlich noch nie gesehen.

VfB von Beginn an komplett auf Sendung

Der ansonsten eher zurückhaltende VfB-Trainer Sebastian Hoeneß strahlte völlig losgelöst und vielleicht auch ein wenig ungläubig über beide Backen, als Deniz Undav in der Nachspielzeit seinen Doppelpack und den hochverdienten 5:1-Endstand perfekt machte. Es war saison- und pflichtspielübergreifend bereits der vierte Sieg gegen einen im Vergleich zum Vorjahr auf vielen Positionen erneuerten BVB in Folge. Und das, obwohl im Vorfeld viel darüber spekuliert wurde, ob der Fokus bei den Kickern um Kapitän Atakan Karazor nach dem großen Highlight-Spiel in Madrid wieder schnell auf das Tagesgeschäft in der Bundesliga gerichtet werden kann.

»Die Mannschaft hatte nach dem Champions-League-Spiel überhaupt keine Verdauungsprobleme«, stellte Sportvorstand Fabian Wohlgemuth nach einer »herausragenden Leistung« treffend fest. Auch der Trainer selbst zeigte sich auf der Pressekonferenz nach der Partie hellauf begeistert von seinen Jungs: »Wir blicken auf einen großartigen Abend zurück. Ich kann vor meiner Mannschaft nur den Hut ziehen.«

Kreativgeist Millot überragt

Der VfB war gegen Dortmund von der ersten Sekunde an komplett auf Sendung, strotzte nur so vor Selbstbewusstsein und überpowerte die völlig überforderten Gäste förmlich. Das gilt insbesondere für Kreativgeist Enzo Millot. Der junge Franzose war der überragende Mann und übertrumpfte nochmals alle anderen seiner ebenfalls bärenstark aufspielenden Teamkollegen. Das lag nicht nur an seinem Treffer und zwei Vorlagen. Wobei vor allem die Vorarbeit zum 4:1 von Joker El Bilal Touré - es war der Premierentreffer der Leihgabe von Atalanta Bergamo - nicht von diesem Planeten war. Der 22-Jährige, bei dem ein Raunen durch die Zuschauerränge geht, sobald die Kugel auf dem Rasen an seinem linken Fuß klebt, sah am gestrigen Abend wie ein Weltklasse-Spieler aus, der in jeder Mannschaft seinen Platz finden würde. Ganz nebenbei war der Mittelfeldspieler auch noch der Akteur mit den meisten gewonnen Zweikämpfen (20).

Besser geht's kaum. Hoeneß hebt grundsätzlich sehr, sehr ungern einzelne Spieler hervor. Bei Millot hatte der Stuttgarter Coach nun aber keine andere Wahl. »Enzo war außergewöhnlich gut. Er hat großartige Sachen gemacht. Der Junge ist gesegnet mit außergewöhnlichen Qualitäten. Über ihn muss heute gesprochen werden«, betonte der 42-Jährige mit Nachdruck. Stark präsentierte sich auch Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt, der die Tore zum 2:0 und 3:0 mit zwei butterweichen Flanken einleitete und alle Fragezeichen nach zuletzt nicht ganz glücklichen Wochen beiseite schob. Was sonst noch zu sagen ist?

Wenn es nach BVB-Coach Nuri Sahin geht, nicht viel. »So ein Gesicht will ich nie wieder sehen«, sagte der 36-Jährige beinahe schockiert. Schockierend gut ist derweil, wie der VfB den mit einer Niederlage und Remis durchwachsenen Saisonstart offenbar weggesteckt hat. (GEA)