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Aktuell INTERVIEW

Gönninger Markus Scheurer über seine Kandidatur für das VfB-Präsidium

Einer für Ausgleich und Entwicklung: Markus Scheurer spricht über seine Kandidatur, Investoren und Imageschaden des VfB.

Markus Scheurer sieht sich als Moderator und Organisator. FOTO: NIETHAMMER
Markus Scheurer sieht sich als Moderator und Organisator. Foto: Markus Niethammer
Markus Scheurer sieht sich als Moderator und Organisator.
Foto: Markus Niethammer

REUTLINGEN. Für den Gönninger Markus Scheurer ist der VfB Stuttgart eine Herzensangelegenheit. Deshalb hat er sich nach der Schlammschlacht von Claus Vogt und Thomas Hitzlsperger entschieden, Verantwortung zu übernehmen. »Der Imageschaden ist in den Griff zu bekommen, weil der Fußball im Vordergrund steht«, erklärt der 61-Jährige.

GEA: Herr Scheurer, sportlich hat der VfB eine gute Saison gespielt. Wie hoch bewerten Sie auf der anderen Seite den Imageschaden, den der Verein durch die Schlammschlacht zwischen Präsident Claus Vogt und dem Vorstandsvorsitzenden der AG, Thomas Hitzlsperger, erlitten hat?

Markus Scheurer: Der Imageschaden ist vorhanden. Das war für mich auch die Motivation, mich mit den Gremien zu unterhalten und letzten Endes auch die Kandidatur anzustreben. Weil ich glaube, dass wir den Ausgleich und eine Entwicklung brauchen. Der Imageschaden ist allerdings in den Griff zu bekommen, weil der Fußball im Vordergrund steht. Glücklicherweise hat sich die Unruhe nicht auf die Mannschaft ausgewirkt.

Wie nehmen Sie aktuell den Wahlkampf von Amtsinhaber Vogt und Herausforderer Pierre-Enric Steiger um die Präsidentschaft wahr?

Scheurer: Anfangs war er sehr sachlich. Jetzt hat sich das Ganze doch ein bisschen personalisiert bei manchen gegenseitigen Vorwürfen. Ich kenne beide und ich kann mit beiden. Ich konzentriere mich vor allem auf das, was ich bewegen will, und arbeite dann mit dem zusammen, der von den Mitgliedern gewählt wird.

Durften Sie sich schon in Gesprächen persönliche Eindrücke der beiden Kandidaten machen?

Scheurer: Pierre-Enric Steiger ist ja, wie ich auch, für den VfB-Freundeskreis tätig. Ihn kenne ich schon ein paar Jahre. Auch Claus Vogt habe ich zuletzt kennengelernt. Er war es, der mich gefragt hat, ob ich mir denn die Mitarbeit im Präsidium des VfB vorstellen könnte.

Hat Steiger angesichts der großen Beliebtheit von Vogt bei den Fans überhaupt eine realistische Chance?

Scheurer: Das ist schwierig zu beurteilen, weil es ja keine Wahlumfragen gibt. Der Amtsinhaber dürfte aber Favorit sein. Aber man weiß nie, wie sich so eine Versammlung entwickelt und auch nicht, welche Mitglieder kommen.

Wie stark schätzen Sie Steiger als Kontrahenten von Vogt ein?

Scheurer: Er pflegt einen vollkommen anderen Stil, wie man an dem von ihm ausgearbeiteten, umfangreichen Zukunftspapier sehen kann. Mit diesem hat er doch einen sehr bedeutenden Marketing-Auftritt hingelegt. Ich würde aber sagen, dass seine Chancen bei den Fans nicht allzu groß sind.

 

»Es ist eine Lücke entstanden, die ich durch mein Berufsbild füllen kann«

 

Sie werden Ende des Jahres in den Ruhestand gehen. Keine Lust auf mehr Freizeit?

Scheurer: Man darf da nicht vergessen, wo ich herkomme. Ich war jetzt 40 Jahre bei der RWT, davon 25 Jahre als geschäftsführender Gesellschafter. Das ist keine klassische 40-Stunden-Woche. Mein Zeithorizont, den ich künftig zur Verfügung haben werde, ist deutlich größer. Der VfB hat keine ruhigen Zeiten. Da muss man bereit sein, auf Fulltime hochzugehen.

Was waren die Beweggründe für Ihre Kandidatur als Präsidiumsmitglied?

Scheurer: Als ich mitbekommen hatte, was im Januar abging, habe ich mich erkundigt. Wichtig waren mir da die persönlichen Gespräche sowohl mit Claus Vogt, Rainer Adrion und dem Vereinsbeirat als auch mit Gremienmitgliedern, die zurückgetreten sind. Ich habe dann gesehen, dass eine Lücke entstanden ist, die ich mit meinem Berufsbild – finanzielle, rechtliche Kompetenz, Organisation – füllen könnte. Und dann ist der VfB halt auch eine Herzensangelegenheit.

Könnte man Sie künftig im Falle Ihrer Wahl dann als Verwalter des VfB bezeichnen?

Scheurer: Verwalter hat einen langweiligen Touch. Die anderen Kandidaten sind allesamt mittelständige schwäbische Unternehmer – und ich habe mein ganzes Leben lang mittelständige schwäbische Unternehmer beraten. Das heißt, dass ich weiß, wie man solche Menschen begleiten muss. Ich kann mich gut als Moderator und Organisator in solch einem Gremium vorstellen.

Welche Expertise bringen Sie in das Präsidium des VfB Stuttgart ein?

Scheurer: Ich habe in den letzten Jahren bei der RWT den Bereich Compliance mit geleitet. Mir sind also auch solche Themen nicht fremd. Man muss die Strukturen schaffen, damit vorschriftsgemäßes, ethisch korrektes Verhalten Grundlage ist. Zudem besteht der Verein ja auch noch aus seinen ganzen Abteilungen. Da verweise ich auf meine langjährige Tätigkeit als Vorsitzender in meinem Dorfverein. Die TG Gönningen hat zwar nur 1 000 Mitglieder, aber mit Blick nur auf die Aktiven sind beide Vereine gar nicht mehr so weit auseinander.

 

Braucht der VfB einen weiteren Investor?

Scheurer: Ich denke, dass durch die Verkäufe von Kobel und Gonzalez ein Teil des Verlustes durch Corona abgefangen wurde. Man sollte seine Anteile nicht in der Krise verkaufen, weil dann die Preise schlecht sind. Investor grundsätzlich ja, aber definitiv nicht um jeden Preis. Ich bin ganz entschieden dagegen, dass man Vermarktungsrechte abgibt.

Würde dann aus Ihrer Sicht eine regionale Investorengruppe Sinn machen?

Scheurer: Das ist emotional mein Lieblingsthema. Vor zehn Jahren wollte ich das aus dem Freundeskreis heraus mit ein paar Unternehmen andenken. Grundsätzlich wäre das ein Stabilitätsanker. Solch ein Investor wäre aber sicher nicht leicht zu handhaben. Deshalb sind die Realisierungschancen eher schwierig.

Warum sollten die Leute Sie wählen und nicht Ihren Gegenspieler Adrion?

Scheurer: Ich bin keiner, der vor der Wahl allzu viel versprechen möchte. Ich biete an, meine Stärken und das, was ich geleistet habe, einzubringen. Das bin ich bereit, für den VfB auch zu leisten, und die Probleme abzuarbeiten, die sich auftun. Ich sehe das Duell mit Rainer Adrion um den Platz im Präsidium wie einen Pokal-Wettbewerb – und da haben auch schon Außenseiter gewonnen. (GEA)

ZUR PERSON

Markus Scheurer wurde am 14. Dezember 1959 in Reutlingen geboren. Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater arbeitet seit 40 Jahren für die RWT-Gruppe, 25 Jahre davon als geschäftsführender Gesellschafter. Scheurer ist verheiratet und hat eine Tochter. (wil)