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Fettes Ausrufezeichen: VfB Stuttgart schlägt RB Leipzig

Der VfB Stuttgart schlägt RB Leipzig nach einem Rückstand mit 2:1 und bringt sich dadurch plötzlich wieder in eine überragende Ausgangsposition um die Europapokal-Plätze. Vor allem ein Spieler überrascht beim achten Saisonerfolg.

Ein Kopfball wie ein Gedicht: Stuttgarts Jacob Bruun Larsen (2.v.l.) trifft zum 1:1-Ausgleich
Ein Kopfball wie ein Gedicht: Stuttgarts Jacob Bruun Larsen (2.v.l.) trifft zum 1:1-Ausgleich Foto: Frank/Eibner
Ein Kopfball wie ein Gedicht: Stuttgarts Jacob Bruun Larsen (2.v.l.) trifft zum 1:1-Ausgleich
Foto: Frank/Eibner

STUTTGART. Gestatten: Jacob Bruun Larsen. Ein 26 Jahre alter Däne, der 2018 die Rückrunde recht erfolglos per Leihe beim VfB Stuttgart verbrachte. Dementsprechend war die Euphorie nicht allzu riesig, als der Bundesliga- Vizemeister den Flügelspieler vor einer Woche als seinen bis dato einzigen Winterzugang vorstellte. Der Fußball-Fan hat schließlich ein gutes Gedächtnis. Und sowieso drückt der Schuh beim Vizemeister in dieser Saison bekanntlich hinten. Warum also eiste VfB-Sportvorstand Fabian Wohlgemuth ausgerechnet mit jenem Bruun Larsen einen Offensivspieler für rund zwei Millionen Euro von der TSG 1899 Hoffenheim los?

Natürlich um den Kader in der Breite noch stärker und variabler zu machen. Was Sinn macht angesichts der zuhauf zitierten Dreifach-Belastung und einer Hinrunde mit enormen Verletzungsproblemen. Allerdings unterstrich der siebenfache dänische Nationalspieler bereits am Sonntag beim 1:0-Erfolg in Augsburg nach seiner Einwechslung mit einem sehr dynamischen und erfrischenden Auftritt, dass er mehr als nur ein Platzhalter und Rotationsspieler sein kann. Es war eine kleine Duftmarke zum Start. Nicht mehr, nicht weniger. Mit anderen Worten: So konnte es weitergehen.

Szene E im Fokus

Vor dem Anpfiff schmückte ein großes Banner die Cannstatter Kurve. Dort wurde der Ultra-Gruppierung des Oberligisten SSV Reutlingen, die 2005 gegründete Szene E, zum 20-jährigen Bestehen mit einer kleinen Choreo gratuliert. Warum das der Fall war? Die Szene E und Commando Cannstatt, die Ultra-Gruppierung des VfB Stuttgart, pflegen seit ebenfalls 20 Jahre eine enge Fan-Freundschaft. (ott)

Das dachte sich auch Stuttgarts Trainer Sebastian Hoeneß und beorderte den ehemaligen Jugendspieler von Borussia Dortmund am Mittwochabend gegen den zweifachen Pokalsieger RB Leipzig überraschend in die Startelf. Vor der Partie gegen den Dauer-Champions-League-Teilnehmer aus Sachsen, der mit seiner mehr als eine halbe Milliarde Euro schweren Mannschaft seine Visitenkarte in Bad Cannstatt abgab, sprach der 42 Jahre alte Erfolgscoach dabei völlig zurecht von einer »Riesen-Aufgabe«.

Und genau an dieser bissen sich die Stuttgarter um Bruun Larsen in der ersten Halbzeit auch ihre Zähne aus. Dem VfB flog gegen die auf Konter lauernden Leipziger Umschaltmonster einige Ballverluste um die Ohren. Am Schmerzhaftesten war es nach zehn Minuten, als die slowenische Stürmerkante und das Super-Talent Benjamin Sesko im Strafraum vom ansonsten eher blass gebliebenen niederländischen Zauberfuß Xavi Simons (Hoeneß: »Ein Weltklasse-Spieler«) bedient wurde und mit seinem wuchtigen Abschluss VfB-Keeper Alexander Nübel keine Chance ließ.

Wie irrational der Fußball manchmal ist

Die Hoeneß-Elf hatte die Spielkontrolle und bis zur Pause knapp 60 Prozent Ballbesitz. Das nutze nichts, gefährlich wurde es vor dem RB-Tor praktisch nie. Auch weil die Leipziger Dreierkette um Kapitän Willi Orban brutal aufmerksam alle Angriffsbemühungen wegverteidigte. Unter anderem auch zahlreiche Hereingaben von Bruun Larsen. Doch wenn offensiv etwas ging, dann oftmals über den Neuzugang aus Hoffenheim auf der rechten Außenbahn. Wieder zeigte der 26-Jährige einen sehr erfrischenden Auftritt. Mit seiner Dynamik und Geschwindigkeit zog Bruun Larsen immer wieder an seinen Gegenspielern vorbei. Auch im Hoeneßschen-Kombinationsspiel ist der frühere England-Legionär definitiv eine Bereicherung.

Spätestens fünf Minuten nach dem Wiederanpfiff spielte sich der Däne dann endgültig in die Herzen der VfB-Fans. Vor der Cannstatter Kurve verwandelte der Flügelspieler eine überragende Flanke von Deniz Undav mit einem noch besseren Kopfball unhaltbar zum 1:1 im Tor. Sein schwaches erstes Gastspiel in Stuttgart vor sieben Jahren war plötzlich wieder vergessen. Wie irrational der Fußball manchmal ist.

Es ist keine steile These: Bruun Larsen war der Spieler des Spiels. Daran änderte auch der Treffer von Senkrechtstarter Nick Woltemade zum 2:1-Endstand nach 60 Minuten nichts, der die MHP-Arena endgültig zum Beben brachte und den VfB Stuttgart wieder in eine überragende Ausgangsposition um die Europapokal-Plätze bringt. Nun beträgt der Rückstand auf Rang vier und RB Leipzig plötzlich nur noch einen Zähler. Daran hat vor allem einer einen entscheidenden Anteil: Jacob Bruun Larsen, der einer ersten Duftmarke nun ein fettes Ausrufezeichen folgen ließ. So kann es aber sowas von weitergehen. (GEA)