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Für den VfB Stuttgart ist jedes Spiel ein Finale im Aufstiegsrennen

Zusammenhalt gefragt beim Zweitliga-Neustart in Wiesbaden. Ohne emotionale Unterstützung der Fans

Marc Oliver Kempf scheint nach seinem auskurierten Kieferbruch gleich wieder ein Kandidat für die Innenverteidigung zu sein.  FO
Marc Oliver Kempf scheint nach seinem auskurierten Kieferbruch gleich wieder ein Kandidat für die Innenverteidigung zu sein. FOTO: EIBNER
Marc Oliver Kempf scheint nach seinem auskurierten Kieferbruch gleich wieder ein Kandidat für die Innenverteidigung zu sein. FOTO: EIBNER

STUTTGART. Die Spannung steigt. Am Sonntag (13.30 Uhr/Sky Sport News HD) ist es soweit. Dann geht’s nach der zweimonatigen Corona-Zwangspause für den VfB Stuttgart mit der Partie beim SV Wehen Wiesbaden weiter in der 2. Fußball-Bundesliga. Damit beginnt für die Mannschaft von Pellegrino Matarazzo ein außergewöhnlicher Endspurt im Aufstiegsrennen. Denn es ist nicht mal klar, ob die verbliebenen neun Spieltage absolviert werden können oder ob die Saison im Profifußball nicht doch noch vorzeitig abgebrochen werden muss.

- Bewusstsein für das große Ziel

Matarazzo kennt die unterschiedlichen Abbruch-Szenarien, aber »ich beschäftige mich eigentlich gar nicht damit«. Man versucht einfach nur alles dafür zu tun, um bestmöglich dazustehen, sollte die Saison vorzeitig abgebrochen werden. Jedes Spiel ist also ein Finale im Kampf um das trotz Covid-19-Pandemie unveränderte große Ziel, die sofortige Rückkehr in die Bundesliga. »Theoretisch kann schon das Spiel am Sonntag das letzte sein. Dieses Bewusstsein haben auch die Spieler«, berichtet der Coach.

- Favoritenvorteil Geisterspiel?

»Die Voraussetzungen für alle Mannschaften sind gleich«, entgegnet Matarazzo der These, dass bei Geisterspielen der Favorit einen noch größeren Vorteil hat, weil die Fan-Unterstützung für den Underdog, in der Konstellation am Sonntag ganz klar der Tabellen-16. Wiesbaden, wegfällt. »Wir brauchen auch unsere Fans, damit sie uns emotional nach vorne bringen.« Der VfB hatte bislang immer sein Kontingent bei Auswärtsspielen komplett ausgeschöpft und auch zu Hause jeweils vor nahezu ausverkaufter Kulisse seine Spiele bestritten.

- Wehen vor Zwangspause stabilisiert

Am 6. März ein sattes 6:2 in Osnabrück, davor ein richtig guter Auftritt beim 0:1 gegen Spitzenreiter Bielefeld sowie ein 1:1 gegen Greuther Fürth – die Mannschaft des ehemaligen SSV-Zweitligaprofis Rüdiger Rehm hatte sich vor der Corona-Zwangspause ganz gut aus der Affäre gezogen. »Die haben sich nach der Winterpause auf jeden Fall stabilisiert«, berichtet der VfB-Coach und erwartet vom Gegner »ein sehr zielstrebiges Spiel nach vorne, lange Bälle, das Spielen auf zweite Bälle und den Fokus aufs Konterspiel – das wollen wir auf jeden Fall kontrollieren«. Im Hinspiel klappte dies überhaupt nicht. Am 4. Oktober gab’s für Tim Walter mit dem 1:2 die erste Saison-Niederlage. Das war zugleich der Anfang vom Ende für Matarazzos Vorgänger.

- Widerstand des Gegners trotzen

Laut Matarazzo wird es in der aktuellen Ausnahmesituation auf einige Eigenschaften der Spieler ganz besonders ankommen. »Die Spieler müssen dem Druck gewachsen sein, positiv und konstruktiv kommunizieren, eine gute Körpersprache auf den Platz bringen – und es muss eine gute Harmonie untereinander sein.« Genau für diese Themen hat der Trainer seine Mannen sensibilisiert. »Ohne Fans wird es umso wichtiger sein, dass auf dem Platz der Zusammenhalt zu spüren ist«, fordert der 52-Jährige, um dem Widerstand des Gegners zu trotzen.

- Kempf ein Startelf-Kandidat

Bei der taktischen Ausrichtung hält sich der Coach bedeckt. Beim Personal ist er hingegen recht aussagekräftig. Das Elf-gegen-Elf-Geistertestspiel am Mittwoch in der Mercedes-Benz-Arena bezeichnet er als »erfolgreiche Maßnahme«. Die Spieler hätten dadurch die »nötigen Körner bekommen« für den nun wieder bevorstehenden Wettkampfmodus. Marc Oliver Kempf scheint nach seiner langen Verletzungspause gleich wieder als Innenverteidiger gesetzt zu sein. Youngster Sasa Kalajdzic wird nach seinem auskurierten Kreuzbandriss wohl auf der Bank Platz nehmen dürfen. Für Borna Sosa (Knieprobleme) ist Gonzalo Castro eine Option für die linke Abwehrseite, »weil er es dort auch gegen Bielefeld gut gemacht hat«.

- Suche nach Normalität

Abgesehen von den auferlegten DFL-Maßnahmen will man beim VfB versuchen, im Vorfeld »die Abläufe so normal wie möglich zu gestalten«, erklärt Matarazzo. Zeitpunkt der Besprechung, Mannschaftsessen, Ankunft am Stadion – das soll alles gleich bleiben. Die Spieler werden allerdings auf zwei Busse verteilt nach Wiesbaden fahren und dort auch getrennt das Stadion betreten. Nach einer Woche in der Quarantäne-Unterkunft in Ludwigsburg geht’s im Anschluss an die Partie für die Spieler aber immerhin mal wieder zurück zu ihren Familien.

- Dezenter Torjubel

Der Torjubel soll bekanntlich nicht zu innig ausfallen. »Dieses Thema werde ich vor dem Spiel bei der Mannschaft nochmals ansprechen«, berichtet Matarazzo, stellt aber auch klar: »Aus der Emotion heraus kann vieles passieren.« Und dann ist zum Ende der Telefonkonferenz bei aller Besonnenheit doch ein bisschen Spaß in der Glasfaserleitung angesagt, als der Italo-Amerikaner erklärt: »Ich hoffe, dass ich nicht auch zur Eckfahne mitsprinte und auf die Spielertraube dort springe, wenn wir das Spiel durch ein Tor in der 90. Minute gewinnen.« (GEA)