HEIDENHEIM. »Es war insgesamt ein schöner Sonntag. Dritter Advent, wir spielen im DFB-Pokal nicht in Leverkusen und haben ein wirklich sehr, sehr unangenehmes und hartes Spiel gewonnen«, sagte ein zufriedener Fabian Wohlgemuth nach dem 3:1 (2:1)-Erfolg des VfB Stuttgart im Landesderby gegen den 1. FC Heidenheim, der im sechsten Bundesliga-Spiel in Folge als Verlierer vom Platz ging. Gleichzeitig fügte der Stuttgarter Sportvorstand hinzu: »Dadurch können wir den Anschluss an das vordere Tabellendrittel festigen.«
- Woltemade on Fire
Nick Woltemade ist kurz vor Weihnachten aus dem Spiel des VfB Stuttgart nicht mehr wegzudenken. Hätte man diese These im Sommer aufgestellt, wäre ziemlich sicher von vielen die eigene Fußball-Expertise stark angezweifelt worden. Allerdings zeigte die Partie in Heidenheim erneut eindrucksvoll, dass Woltemade, der bereits in der Vorwoche mit einem Doppelpack gegen Union Berlin überzeugt hatte und zum Matchwinner wurde, in seiner aktuellen Verfassung tatsächlich unersetzbar beim Vizemeister ist. Was weniger an seinem Elfmetertor in der 85. Minute zum 3:1 lag. Das war nur das i-Tüpfelchen eines überragenden Auftritts des deutschen U 21-Nationalspielers. Es war ein Genuss dem 1,98-Meter-Schlaks dabei zuzusehen, wie er unzählige Bälle unter größtem Gegnerdruck stark festmachte und sie mit viel Übersicht weiter zu den Mitspielern verteilte.
Sehenswert setzte Woltemade bei der 1:0-Führung den hinterlaufenden Maximilian Mittelstädt in Szene. Mindestens genauso gut war sein seitenverlagernder Lauf mit dem Ball vor dem Treffer zum 2:1 kurz vor der Halbzeitpause, als Heidenheims robuster Mittelfeld-Regisseur Niklas Dorsch am gebürtigen Bremer einfach abprallte. Der als hängende Spitze agierende Woltemade ist mit seinen technischen Fähigkeiten der ideale Verbindungsspieler zwischen Mittelfeld und Angriff. Seine enorme Ballsicherheit sticht - besonders im Vergleich zu Angreifer Ermedin Demirovic - heraus. Woltemades Fähigkeiten sorgen für eine noch größere Durchschlagskraft, die dem VfB im bisherigen Saisonverlauf immer wieder im vorderen Drittel fehlte. »Nick ist eine Maschine. Ich weiß nicht, was er zu sich nimmt«, rätselte Demirovic augenzwinkernd. Doch was genau ist das Erfolgsgeheimnis von Woltemade? »Das Vertrauen vom Trainerteam und das Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten. Zudem arbeite ich mit den Coaches auch viel im individuellen Bereich. Das zahlt sich jetzt so ein bisschen aus. Auch, dass ich weiter geduldig geblieben bin. Das ist etwas, auf das ich sehr lange hingearbeitet habe«, berichtete der beste Stuttgarter und strahlte über beide Backen.
- Nübel wieder unglücklich
Es war eine echte Rakete, die Supertalent Paul Wanner in der 41. Minute mit seinem Schuss aus rund 20 Metern in Richtung VfB-Gehäuse losschickte. Allerdings kam Stuttgarts Keeper Alexander Nübel noch mit der rechten Hand an den Ball. Von dort aus flog die Kugel in den Kasten und zum 1:1-Ausgleich. Wieder sah Nübel sehr unglücklich aus. Bereits vor einer Woche gegen Union Berlin hatte der 28-Jährige entscheidend gepatzt, unter der Woche in der Champions League gegen die Young Boys Bern stellte sich dann die Frage, wieso er beim 0:1-Rückstand stehen blieb und nicht reagierte. Damit lieferte der 28-Jährige weiter kräftig Futter für seine Kritiker, die im zweifachen deutschen Nationalspieler weder einen überragenden Bundesliga-Keeper noch den legitimen Nachfolge-Kandidaten für Manuel Neuer beim FC Bayern sehen. Was allerdings auch zur Wahrheit gehört: Nach 79 Minuten verhinderte Nübel durch eine starke Reaktion den 2:2-Ausgleich durch Heidenheims Mathias Honsak und damit auch einen anderen Ausgang dieser Partie. Das ändert nichts daran: der 28-Jährige muss konstanter werden.
- Eiskalt und abgezockt
»Vor allem die Einstellung hat gepasst«, analysierte Demirovic treffend. Die Gründe für den Auswärtserfolg auf der Ostalb fand der beste Stuttgarter Bundesliga-Torschütze (sieben Treffer) vor allem in zwei Punkten: »Es war sehr wichtig, dass wir effizient waren und zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht haben.« Schau her, da ist es wieder: das Thema Effizienz. Die mangelnde Chancenverwertung flog dem VfB bislang schon einige Male um die Ohren. Stichwort 2:3-Niederlage gegen Frankfurt. Nun aber präsentierte sich die Hoeneß-Elf zum zweiten Mal in Folge in der Bundesliga eiskalt und abgezockt vor dem Tor. An dieser Stelle spannt sich der Bogen erneut zu Woltemade, der das Wort Effizienz wie kein Zweiter verkörpert. Der 22-Jährige kommt in bislang 515 Einsatzminuten in dieser Saison auf neun Scorerpunkte (sieben Tore, zwei Vorlagen). Sprich: Woltemade ist alle 57 Minuten an einem Treffer beteiligt. Eine überragende Quote. So kann es weitergehen. Bei ihm persönlich als auch beim willensstarken VfB Stuttgart. (GEA)