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Zeitspiel beendet: DFL stoppt Spielbetrieb doch sofort

Nichts geht mehr - und das doch sofort. Die DFL revidiert ihre zunächst getroffene umstrittene Entscheidung und sagt den am Wochenende geplanten Geisterspieltag in beiden Bundesligen ab.

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Auch im deutschen Profi-Fußball ruht vorerst der Ball. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Auch im deutschen Profi-Fußball ruht vorerst der Ball. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

FRANKFURT/MAIN. Die ersten Grenzen sind dicht, überall werden Schulen geschlossen - da entschloss sich die Deutsche Fußball Liga nach langem Zögern doch noch zum radikalen Schritt.

Aufgrund von neuen Corona-Infektionen und entsprechenden Verdachtsfällen hat das DFL-Präsidium am Freitagnachmittag kurzfristig den 26. Spieltag in der Bundesliga und 2. Bundesliga an diesem Wochenende abgesagt und wie vielfach längst erwartet auf die Coronavirus-Pandemie reagiert.

Weil die Einsicht bei den Verantwortlichen spät kam, hatte sich zuvor bereits die Politik eingemischt. Nachdem die DFL-Führung am Freitagvormittag noch entschieden hatte, die Saison erst nach ab kommenden Dienstag für zweieinhalb Wochen aussetzen zu wollen, sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer die für Montagabend geplante Partie zwischen Werder Bremen und Bayer Leverkusen kurzerhand ab.

Fast stündlich erhöhte sich danach der Druck auf die DFL, die zunächst als einzige Top-Liga in Europa auf Zeit spielen und den Spielbetrieb am Wochenende aufrecht erhalten wollte. Zunächst musste Zweitligist 1. FC Nürnberg seine gesamte Mannschaft wegen eines positiven Falles in Quarantäne schicken, später beantragten Fortuna Düsseldorf und der SC Paderborn wegen einiger Verdachtsfälle die Verlegung des für Freitagabend geplanten Bundesliga-Kellerduells.

Bei Paderborns Chefcoach Steffen Baumgart hatte sich ein Verdacht auf Sars-CoV-2 zwar nicht bestätigt, es standen aber noch Tests bei SCP-Profis aus. »Die Gesundheit und der Schutz muss absoluten Vorrang vor aktuellen wirtschaftlichen Überlegungen haben«, sagte Fortuna-Vorstandschef Thomas Röttgermann »RP Online«.

Während die Saison in Spanien, Italien, Frankreich und seit Freitag auch in England wegen der Coronavirus-Pandemie unterbrochen ist und die UEFA eine Aussetzung der Champions League und Europa League verfügte, ließ die DFL die gebotene Konsequenz zunächst vermissen und erntete dafür einige Kritik.

»Das ist verrückt«, twitterte Bayern-Profi Thiago mit Blick auf die geplante Austragung des Gastspiels des Tabellenführers beim 1. FC Union Berlin am Samstag. »Es gibt es viel wichtigere Prioritäten als Sport.« Noch deutlicher wurde Union-Torwart Rafal Gikiewicz: »Fußballer werden in dieser Situation behandelt wie Affen im Zirkus.«

Auch Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner forderte ein Umdenken. »Wenn man sagt: Wir ziehen diesen Spieltag durch, dann muss man sich halt vorher überlegen: Was passiert, wenn sich ein Trainer oder ein Spieler infiziert? Deshalb wäre es auch im Sinne der Zivilcourage am konsequentesten gewesen, den gesamten Spieltag abzusagen.«

Die geforderte Kehrtwende war am Ende unausweichlich. »Wir haben uns am Nachmittag dazu entschieden, alle Spiele abzusagen, weil weitere Verdachtsfälle aus der 1. und 2. Bundesliga dazu gekommen sind«, begründete Alexander Wehrle, DFL-Präsidiumsmitglied und Geschäftsführer des 1. FC Köln, die Entscheidung. »Es ist nicht auszuschließen, dass morgen oder am Sonntag weitere hinzukommen. Die Gesundheit aller hat oberste Priorität«, sagte er dem TV-Sender RTL/ntv.

Bis zum Freitagnachmittag war lediglich die Zweitliga-Partie Hannover 96 gegen Dynamo Dresden von einer Absage betroffen, weil sich die Niedersachsen bereits in Quarantäne befanden, nachdem sich die Profis Timo Hübers und Jannes Horn infiziert hatten.

Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte die zunächst geplante Durchführung des Bundesliga-Spieltages sogar begrüßt. »Im Profi-Fußball geht es am Ende des Tages auch um Finanzen. Es steht noch eine hohe Zahlung von den TV-Broadcastern aus. Wenn diese Zahlung ausbleiben würde, wäre zu erwarten, dass zumindest viele kleine und mittlere Vereine finanzielle Probleme kriegen würden«, sagte Rummenigge am Freitag. »Da steht für die gesamte Liga ein größerer dreistelliger Millionenbetrag im Feuer. Das muss berücksichtigt werden«, betonte der Bayern-Boss.

In eine ähnliche Kerbe schlug die DFL. »Ziel ist es weiterhin, die Saison bis zum Sommer zu Ende zu spielen – aus sportlichen Gesichtspunkten, aber insbesondere auch weil eine vorzeitige Beendigung der Saison für einige Clubs existenzbedrohende Konsequenzen haben könnte«, hieß es in einer Erklärung.

Am Montag will die DFL mit den Vertretern der 36 Profivereine auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in einem Frankfurter Hotel über eine Fortsetzung der Saison-Unterbrechung bis zum 2. April beraten. »Alle werden mit hoher Sensibilität und Solidarität an die Geschichte herangehen«, kündigte Rummenigge an. »Keiner kann seriös sagen, wie es in den nächsten Wochen weitergehen wird. Deshalb macht es Sinn, auch diesen Spieltag abzusagen, um wieder etwas Zeit zu gewinnen«, meinte Werder Bremens Sport-Geschäftsführer Frank Baumann.

Der Deutsche Fußball-Bund und die 21 Landesverbände legten den gesamten Spielbetrieb unterhalb der beiden Profiligen am Freitag ebenfalls still. Damit ruht der Ball ab sofort auf allen Plätzen in Deutschland. »Der Fußball tritt in diesen Tagen einen großen Schritt zur Seite. Er ist und bleibt die schönste Nebensache der Welt. Aber eben eine Nebensache, wenn es um die Gesundheit geht«, sagte DFB-Präsident Fritz Keller.

Er plädierte zugleich für eine Absage der Ende März geplanten Länderspiele der DFB-Auswahl in Spanien und gegen Italien. »Ich gehe davon aus, dass die Spiele auf Basis der heutigen Faktenlage nicht stattfinden können«, so Keller. Das wäre ganz im Sinne von Rummenigge: »Ich würde dringend empfehlen, dass die FIFA und die UEFA die Abstellungsperiode ausfallen lassen.« Alle Vereine würden es schätzen, wenn die Länderspiele ausnahmsweise gestrichen würden. (dpa)

DFL-Mitteilung