LOS ANGELES. Der völlig überraschende Unfalltod von Basketball-Legende Kobe Bryant ist in der Sportwelt und weit darüber hinaus mit ungläubigem Entsetzen aufgenommen worden.
Der ehemalige Superstar der Los Angeles Lakers kam am Sonntag bei einem Hubschrauberabsturz in Kalifornien ums Leben - zusammen mit seiner 13 Jahre alten Tochter Gianna und sieben weiteren Helikopter-Insassen. Von mehreren US-Präsidenten über Spitzenathleten anderer Sportarten bis hin zu Weltstars aus dem Film- und Musikgeschäft: Binnen kürzester Zeit liefen die sozialen Medien über mit Huldigungen zu Ehren Bryants und Mitleidsbekundungen an die Hinterbliebenen.
Der Bürgermeister von Los Angeles, Eric Garcetti, bestätigte das Helikopter-Unglück und sprach Bryants Familie im Namen der gesamten Stadt sein Beileid aus. »Kobe wird für immer im Herzen von Los Angeles weiterleben, und man wird sich durch alle Zeiten an ihn erinnern als einen unserer größten Helden.«
Bryant war mit seiner Tochter und weiteren Passagieren laut Angaben mehreren US-Medien auf dem Weg zu einem Basketball-Turnier in dem Ort Calabasas unweit von Los Angeles gewesen. Die Polizei informierte in einer Pressekonferenz über den Tod der neun Hubschrauber-Insassen, nannte aber keine Namen. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt aus der ersten Schlagzeile des US-Klatschportals »TMZ« über den Tod Bryants längst traurige Gewissheit geworden.
Die nordamerikanische Profiliga NBA würdigte den mit 41 Jahren aus dem Leben gerissenen Modellathleten als »einen der außergewöhnlichsten Spieler« der Basketball-Geschichte. Die NBA-Familie sei »am Boden zerstört«, erklärte Liga-Commissioner Adam Silver.
»Das sind schreckliche Nachrichten«, schrieb US-Präsident Donald Trump auf Twitter. Bryant sei »einer der wahrhaft größten Basketballer aller Zeiten gewesen, sein Leben hatte gerade erst begonnen«. Der Tod von Gianna, einer seiner vier Töchter, mache die Tragödie noch niederschmetternder. Auch Trumps Amtsvorgänger Barack Obama und Bill Clinton zeigten sich fassungslos, kondolierten Bryants Ehefrau Vanessa und ihren Kindern.
Nicht nur nach Statistiken war Bryant - Spitzname »Black Mamba« - einer der erfolgreichsten und einflussreichsten Profis der Basketball-Geschichte. »Kobe bedeutet so viel für die Liga, für den Basketball weltweit«, schwärmte auch die deutsche Legende Dirk Nowitzki, als Bryant seine Karriere im April 2016 nach 20 Jahren in der NBA beendete. »Er war der Michael Jordan unserer Generation.«
Während in der Nähe der Absturzstelle und vor dem Staples Center, der Heimspielstätte der LA Lakers, weinende Menschen zusammenströmten, brachten viele Prominente ihre Trauer im Netz zum Ausdruck. »Kobe Bryant war einer der großartigsten Athleten und solch eine Inspiration für so viele, auch mich«, schrieb Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton auf Twitter - und sprach damit vielen aus der Seele. »Ich bin heute morgen aufgewacht mit der schrecklichen Nachricht des tragischen Tods eines der größten Sportler der Welt«, twitterte der Tennis-Weltranglistenerste Rafael Nadal. »Ich bin schockiert.« Fußball-Superstar Cristiano Ronaldo würdigte Bryant als »eine wahre Legende«.
»Ich habe Kobe geliebt - er war wie ein Bruder für mich«, ließ Michael Jordan, der vielleicht größte Basketballer der Geschichte und Bryants großes Vorbild, über seine Sprecherin ausrichten. »Worte können den Schmerz nicht ausdrücken, den ich fühle.« Bryant agierte auf der gleichen Position wie Jordan, versuchte ihm im Spielstil und seinen Erfolgen nachzueifern. Mit fünf gewonnenen NBA-Titeln für die Lakers blieb er nur eine Meisterschaft unter Jordans Marke. Auch seine früheren Lakers-Weggefährten Shaquille O'Neal und Earvin »Magic« Johnson rangen um Worte, um das Vermächtnis Bryants auszudrücken. »Unwirklich. Kobe tot mit 41«, schrieb der frühere deutsche NBA-Profi Detlef Schrempf auf Twitter.
Bryant wurde 15-mal ins All-Star-Team der NBA gewählt - keinem gelang dies häufiger. 81 Punkte erzielte der knapp zwei Meter große Shooting Guard einmal in einer Partie 2006. Seine 33.643 Zähler in regulären Saisonspielen werden nur von Kareem Abdul-Jabbar, Karl Malone und LeBron James übertroffen - letzterer zog erst am Samstag (Ortszeit) an Bryant auf Platz drei der Bestenliste vorbei.
Auch bei den Grammy-Awards, die am Sonntagabend (Ortszeit) ausgerechnet im Staples Center verliehen wurden, stand Bryants Tod im Vordergrund. »Heute haben Los Angeles, Amerika und die Welt einen Helden verloren. Wir stehen hier, und unsere Herzen sind gebrochen, im Haus, das Kobe erschaffen hat«, sagte Moderatorin Alicia Keys zu Beginn der Show. Musik-Superstar Taylor Swift schrieb auf Twitter: »Mein Herz liegt in Stücken, seit ich von dieser unvorstellbaren Tragödie gehört habe.« Schauspieler Leonardo DiCaprio schloss sich den Huldigungen an: »Kobe war überlebensgroß, eine Legende.«
Die Ursache des Hubschrauberabsturzes ist noch ungeklärt. Bei nebligem Wetter war die Maschine vom Typ Sikorsky S-76 am Morgen (Ortszeit) abgestürzt und in Flammen aufgegangen. Die »Los Angeles Times« zitierte Quellen, wonach der Hubschrauber in Orange County gestartet war, dem Wohnort Bryants im Südosten von Los Angeles. Der Absturzort in Calabasas liegt etwa 30 Kilometer westlich von der Stadt. Der »Los Angeles Times« zufolge hatten die städtische Polizei ihre Hubschrauber am Sonntagmorgen bewusst am Boden gelassen, weil das neblige Wetter zum Fliegen zu gefährlich gewesen sei.
Ein Team der Nationalen Behörde für Transportsicherheit (NTSB) brach am Sonntagabend (Ortszeit) von Washington aus nach Kalifornien auf, um die Hintergründe des Unglücks zu untersuchen. Die Experten würden sich diverse Dinge anschauen, hieß es - etwa mit Blick auf den Piloten, die Eigentümer des Helikopters und die Wartung der Maschine.
Bryant wuchs als Sohn des damaligen NBA-Spielers Joe Bryant auf und zog mit seiner Familie in seiner Kindheit und Jugend zeitweise nach Italien, als sein Vater dort aktiv war. Seine Eltern benannten ihn nach dem Kobe-Steak, das sie laut offizieller NBA-Biografie auf einer Speisekarte entdeckt hatten. 1996 kam Bryant in die NBA, ohne zuvor ein College besucht zu haben. Die Lakers sicherten sich die Rechte an dem großen Talent, nachdem sie ein folgenreiches Tauschgeschäft mit den Charlotte Hornets einfädelten.
Schon früh in seiner Karriere nahm sich Bryant den die Basketball-Ikone Michael Jordan als Maßstab, strebte mit unbändigem Ehrgeiz nach seiner Größe. Nach diversen Titelgewinnen konnte Bryant gegen Ende seiner Laufbahn nicht mehr an seine Glanzzeiten anknüpfen und verpasste mit LA immer wieder die Playoffs, doch gelang ihm noch ein hollywoodreifer Abschluss. Im Alter von 37 Jahren trumpfte er in seinem letzten Spiel noch einmal mit 60 Punkten auf und ließ sich im goldenen Konfettiregen von Stars wie Lakers-Edelfan Jack Nicholson, Jay-Z und David Beckham feiern.
Seine Verabschiedung nach dem letzten Spiel, als er die Worte »Mamba Out« sprach und das Hallenmikrofon niederlegte, erreichten ikonischen Status - und wurden selbst vom damaligen US-Präsidenten Obama imitiert. Die San Antonio Spurs und NBA-Meister Toronto Raptors ehrten Bryant in ihrem Spiel am Sonntag, indem sie zu Spielbeginn 24 Sekunden innehielten. In seiner Zeit bei den Lakers war die 24 Bryants Rückennummer gewesen.