REUTLINGEN. Weltmeisterschaft: Alle zwei Jahre oder weiterhin im altbekannten Vierjahres-Ryhthmus? Das ist die Frage, die in der Fußballwelt aktuell heiß diskutiert wird. Sollte der Reform-Plan der Fifa tatsächlich umgesetzt werden, würde demnach jedes Jahr ein Großereignis stattfinden. Was in anderen Sportarten wie beispielsweise im Handball oder Eishockey schon lange gang und gäbe ist, würde für den Fußball ein echtes Novum bedeuten. Der GEA hat sich bei Sportfunktionären, Trainern, Sportlern und Passanten umgehört.
»Der Fußball muss aufpassen, dass er sich selbst und auch den anderen Sportarten noch Luft zum Atmen gibt«, betont Daniel Brack, Trainer der Pfullinger Drittliga-Handballer. Er plädiert klar für die Beibehaltung des Vierjahres-Rhythmus. Brack weiß beispielsweise nicht, ob im Handball im Jahr 2013 eine EM oder WM ausgetragen wurde. »Ich kann jedoch auf Anhieb sagen, dass die Fußball-WM 1986 in Mexiko war. Auch die anderen Austragungsorte würde ich nach kurzer Denkzeit wohl alle hinbekommen.« Die Großereignisse im Fußball sind für ihn genau wegen ihrer Rarität so besonders und blieben lange in Erinnerung.
Sein Spieler und VfL-Urgestein Florian Möck vermutet, dass die Weltmeisterschaft durch die anvisierte Verkürzung ihren Reiz verlieren könnte. »Durch den Vierjahres-Ryhthmus kann man sich als Fan viel mehr darauf freuen«, sagt der Rückraumspieler, der noch einen anderen Aspekt erwähnt: »Die Sportler sollten mehr geschützt werden.«
Till Jönke, Profi der Tübinger Basketballer, ist ebenfalls gegen eine WM im Zwei-Jahres-Takt und wird deutlich: »Aus sportlicher Sicht gibt es fast keine Gründe, die dafür sprechen. Es gibt ja schon alle zwei Jahre ein großes Turnier mit der EM und WM. Wenn das geändert werden sollte, braucht man sich nicht zu wundern, wenn viele Spitzensportler verletzt ausfallen.«
Maik Schütt, Trainer von Fußball-Oberligist SSV Reutlingen, ist gegen eine Verkürzung und mahnt: »Man darf nicht vergessen, dass es schon sehr viele Club-Wettbewerbe gibt. Wenn es immer mehr werden, dann kann die Attraktivität des Fußballs darunter leiden.«
Der Honauer und langjährige Fußball-Bundesliga-Profi Sven Schipplock ist wie seine Sportlerkollegen der Meinung, dass alles beim Alten bleiben sollte. Warum? »Weil die Spieler im Sommer auch mal eine längere Pause brauchen. Spieler, die bei einer WM oder EM spielen, sind ja meistens genau diejenigen, die bei Topclubs unter Vertrag stehen und in mehreren Wettbewerben aktiv sind.« Der 32 Jahre alte Stürmer, der im Sommer zum VfB Stuttgart zurückkehrte, befürchtet zudem: »Ich glaube, dass schlussendlich auch die Qualität der Spiele darunter leiden wird. Davon hat keiner etwas, weder die Spieler noch die Fans.«
Dominik Grauer, Ex-SSVler und derzeit als spielender Co-Trainer für den TSV Sickenhausen in der Fußball-Bezirksliga aktiv, fasst kurz und knapp zusammen: »Die Fifa sollte alles so lassen wie bisher.«
Daniel Güney, Trainer der Pfullinger Verbandsliga-Kicker, sieht in den Fifa-Plänen vor allem die Gesundheit der Spieler gefährdet: »Sie müssen immer mehr ans Limit gehen. Es ist unglaublich schwer, der Gesundheit der Spieler noch gerecht zu werden.« Zudem betont der A-Lizenz-Inhaber, dass der Eventcharakter verloren gehen könnte und die Fans eine WM womöglich nicht mehr als Highlight ansehen würden.
Ferenc Rott, Manager der Bundesliga-Handballerinnen der TuS Metzingen, beklagt ebenfalls: »Das sind jetzt schon eindeutig zu viele Spiele für die Sportler, sie sind körperlich am Limit. Sportlich macht das alles keinen Sinn, das ist reine Geldmacherei.«
Auch unter Reutlinger Passanten ist die Stimmungslage eindeutig: Alle Befragten lehnen eine WM im Zwei-Jahres-Takt ab. »Der Reiz eines solchen Turnieres liegt doch darin, dass es eben nicht omnipräsent ist. Insofern bleibt abzuwarten, ob sich die Geldgier der Fifa erneut durchsetzt oder ob die Tradition des Sports dieses Mal die Oberhand behält«, sagt der 21 Jahre alte Student Aaron Schmid. Sein Kommilitone Leon Karman argumentiert ähnlich: »Ich bin auch klar dagegen. Aus Sicht der Belastung macht eine Verkürzung absolut keinen Sinn, weil die Spieler teilweise jetzt schon über ihrem Limit agieren. Zudem wird die Besonderheit verloren gehen.«
Der Eninger Helmut Benz meint: »Es gibt inzwischen so viele verschiedene Wettbewerbe und Spiele. Irgendwann ist es dann auch einfach zu viel.« Der pensionierte Lehrer Dieter Rettich aus Betzingen sieht vor allem in der Terminfrage ein großes Hindernis. Zudem prognostiziert er: »Die finanziellen Hürden für den jeweiligen Ausrichter sind ebenfalls ein weiteres Problem.« Der Reutlinger Ioannis Kouroutsidis ist sich sicher: »Die Besonderheit an der WM wird mit einer Verkürzung definitiv verloren gehen.« (GEA)