WINTERTHUR. Das Gesicht der deutschen Handball-Nationalmannschaft verändert sich. Und die Sprache zwangsläufig ebenfalls. »Aber einen Dolmetscher brauchen wir noch nicht«, scherzt Teammanager Benjamin Chatton: »Wir haben sehr viel Jugend und sehr viel Frische im Team.« Was sich schon beim Fußballspielen im Aufwärmtraining zeigt: Julian Köster, Juri Knorr und Miro Schluroff, allesamt im Jahr 2000 geboren, gehören schon zum »Team Alt«. Für Köster fühlt sich das »ein bisschen komisch« an, während sich Bundestrainer Alfred Gislason natürlich freut. Die Jungen machen Druck. Und die Perspektive stimmt.
Keine Frage: Es hat etwas von einer Rasselbande, die sich gerade auf die beiden abschließenden EM-Qualifikationsspiele am Mittwoch (19 Uhr/live bei sportschau.de) in Zürich gegen die Schweiz und am Sonntag (18 Uhr/ live bei sportschau.de) in Stuttgart gegen den krassen Außenseiter Türkei vorbereitet. Gleich sieben U-21-Weltmeister von 2023 sind dabei. Beispielsweise Torwart David Späth, der sich schon seit längerer Zeit in der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) etabliert hat. »Man bekommt ein bisschen die alten Vibes von früher«, meint er mit Blick auf die vielen Teamkollegen, mit denen der Schlussmann von den Rhein-Neckar Löwen schon in diversen Jugend-Juniorennationalteams zusammen auf dem Feld stand.
Bundestrainer Gislason legt indes Wert auf die Feststellung, dass die Nominierung der Hochtalentierten nichts mit einem Jugendwahn zu tun habe. Der 65-Jährige räumt zwar ein, dass der Blick bei dieser Lehrgangswoche auch ein wenig über die EM 2026 hinausgehe. Vor allem zähle aber die Leistung. Und die stimmt nun mal bei der jungen Garde. »Die U-21-Weltmeister nehmen tragende Rollen in ihren Vereinen ein«, freut sich der Isländer, dessen älteste Enkelin übrigens 19 Jahre alt ist. Er könnte also auch der Opa manch eines Nationalspielers sein.
Heymann operiert
Neu dabei sind Rückraummann Matthes Langhoff (Füchse Berlin) und Rechtsaußen Mathis Häseler (VfL Gummersbach), mit Aron Seesing vom Bergischen HC wurde sogar ein Zweitligaspieler nominiert. Der Kreisläufer ersetzt den diesmal nicht berufenen Jannik Kohlbacher von den Rhein-Neckar Löwen, auch ein weiterer Spieler des Mannheimer Bundesligisten fehlt: Sebastian Heymann. Der Rechtshänder wurde am Montag am Ellenbogen operiert. »Sebastian hat ein sehr gutes Olympia-Turnier gespielt, jetzt ist er wieder verletzt. Das ist sehr traurig und extrem schade«, bedauert Gislason, der mit dem Genkinger Tim Nothdurft aber einen anderen Löwen ins Team holte. Der Linksaußen gehört mit seinen 27 Jahren zwar auch zum Fußballteam »Alt«, bringt aber besondere Fähigkeiten in der Deckung mit. Er kann sowohl auf der Halbposition decken als auch auf der Spitze in einer offensiveren Abwehrvariante. Löwen-Trainer Sebastian Hinze probierte den variablen Nothdurft sogar schon im Innenblock aus. Fest steht: Ein Spieler wie er erweitert die taktischen Möglichkeiten, reduziert Abwehr-Angriff-Wechsel und beschleunigt damit das Tempospiel.
Ansonsten setzt Gislason aber auf die bewährten Kräfte: Kapitän Johannes Golla ist ebenfalls dabei wie Weltklasse-Torwart Andreas Wolff und Spielmacher Knorr, obwohl sich der Mittelmann zuletzt erneut mit einem Infekt herumgeplagt hatte. Auch Köster reiste nur eine Woche nach seinem Bundesliga-Comeback beim VfL Gummersbach zum DHB-Team, nachdem er sich Anfang April nach einer akuten Infektion im Knie einer Not-Operagtion hatte unterziehen müssen. Kurzum: Für Gislason zählt jede gemeinsame Minute. (GEA)