TÜBINGEN. »Das ist sehr, sehr bitter für uns.« Meeting-Direktor Tom Schleich brach fast die Stimme, als er bei strömendem Regen nach einer gemeinsamen Platzbegehung mit Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer das hochkarätig besetzte »Soundtrack«-Leichtathletik-Meeting Tübingen um 19.30 Uhr am Samstagabend endgültig absagte.
Ein von 16 Uhr an immer schlimmer wütendes Unwetter hatte das Sportfest, dessen Hauptprogramm um 18.45 Uhr mit über 200 Athleten aus 62 Nationen beginnen sollte, unmöglich gemacht. »Überall sind Schlammlawinen. Dazu gab’s einen Stromausfall. Die Bedingungen können wir keinem Athleten zumuten, dazu ist das Risiko zu hoch«, sagte Schleich nach der gemeinsam mit OB Palmer gefällten Entscheidung noch relativ gefasst. Anschließend verschlug es ihm fast die Sprache, als er mit tränenerstickter Stimme sagte: »Mit tut es so leid, dass so viele Athleten von so weit her umsonst angereist sind.« Aber mit so einer Situation hatte keiner rechnen können.
»Das ist so extrem traurig – auch für unsere über 100 freiwilligen Helfer, die seit zig Tagen engagiert das Meeting auf die Beine gestellt haben und jetzt alle auch hier sind«, sagte Professor Claus Claussen, der Vorsitzende des veranstaltenden Vereins LAV Stadtwerke Tübingen. Claussen ergänzte: »Wir haben gezeigt, dass wir in Kooperation mit der Stadt Tübingen ein Weltklasse-Leichtathletikfest auf die Beine stellen können und sogar eine Live-TV-Übertragung hinkriegen – und dann dieser Schock. Wir haben die größten Wassermassen seit Monaten heute hier abgekriegt.«
In der Tat ist die komplette Absage eines Meetings in der Welt der Leichtathletik eine absolute Seltenheit. »Ich bin seit 35 Jahren Bundestrainer und habe so etwas noch nicht erlebt. Es tut mir so leid für alle Beteiligten«, sagte denn auch Rüdiger Harksen. Der Frauen-Hürden-Bundestrainer und Bundestützpunktleiter Mannheim sowie Cheftrainer der MTG Mannheim war unter anderem mit der deutschen 400-Meter-Meisterin Nadine Gonska angereist. Viele deutsche, aber auch sehr gute internationale Athleten – darunter Hindernis-Europameisterin Gesa Felicitas Krause (Trier) und Hochsprung-Weltmeisterin Marija Lassizkene – wollten auf der blauen Tübinger Bahn super Leistungen zeigen und diverse Normen wie für die U 23-EM oder WM in Doha angreifen. Mit dabei waren auch zwei Live-Musik-Bands und außerdem mit 12 Kameras ein Fernseh-Team des Südwest-Rundfunks (SWR). Erst im Livestream und dann von 20.15 Uhr an sollten im SWR die Wettkämpfe zur Prime-Time im TV gezeigt werden. Auch daraus wurde nichts. Laut Claussen ist das Meeting aber mit 300 000 Euro versichert gewesen, sodass sich wenigstens der finanzielle Schaden ein wenig in Grenzen halten dürfte. (GEA)