ZÜRICH. Ein ordentliches Stück den Uetliberg hoch liegt das deutsche Teamhotel. Mit bestem Blick auf Zürich. Fußgänger müssen dafür schwitzen, Fahrradfahrer erst recht. Weshalb deutsche Fußballerinnen doch nicht so oft runter in die Stadt laufen oder radeln, wie das mal angedacht war. Macht nichts, denn der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sorgt zwischen den EM-Spielen für Ablenkung. Vor der Schweden-Partie kam Comedy-Star Hazel Brugger vorbei – und sorgte für Heiterkeit. Jedenfalls verbreitete der Verband Bilder mit einem schmunzelnden Bundestrainer, nachdem Christian Wück zuletzt eine Sache nicht so lustig fand: Die Dribblings seiner Torhüterin Ann-Katrin Berger.
Meist ging es gut
Die Aussage, er müsse mit ihr mal reden, weil er sonst nicht alt werde, hat eine Debatte ausgelöst, die dem 52-Jährigen aufzeigt, was flapsige Sprüche mittlerweile auch bei der Frauen-Nationalelf auslösen. Aussagen mit einem Augenzwinkern sind offenbar nicht mehr möglich, weil aufgebauschte Aufregung folgt.
Auf der Abschlusspressekonferenz stellte Wück mit leichtem Schmunzeln klar, es habe ja gar keine Torwartdebatte gegeben; man habe wie immer »mit der Torhüterin oder den Verteidigerinnen« für die Analyse zusammengesessen. »Es gab nie irgendwelche Diskussionen: Es war ein ganz normales Gespräch.« Man werde aber sicherlich verstehen, »dass es intern bleibt, was wir besprochen haben und was da rausgekommen ist.«
Gewiss, die 34-Jährige hat ein Spiel mit dem Feuer betrieben, aber wer ihre Spielweise in England, in den USA und auch im Nationalteam näher verfolgt hat, weiß doch, dass sie einen riskanten Aufbau pflegt. Meist ging es im DFB-Dress gut.
Einmal bei den Olympischen Spielen nicht, was in der Vorrunde gegen Sambia (4:1) auch nicht schlimm war. Ab dem Viertelfinale rettete die Grenzgängerin die Bronzemedaille. Die später zu Deutschlands Fußballerin des Jahres gewählte Schwäbin kaschierte spielerische Mängel, hielt mehrere Elfmeter – den letzten in der Nachspielzeit gegen Spanien. Wenn Rebecca Knaak spottet, die angeblichen Streithähne hätten »am ominösen Tisch« alles geklärt, sagt das viel. Die Verteidigerin fühlt sich mit ihrer Nummer eins »total sicher«.
Berger gibt bei Gotham FC einen solch zuverlässigen Rückhalt, dass man sie zur besten Keeperin der US-Profiliga NWSL kürte. 2022 wäre sie mit ihren Glanzleistungen beim FC Chelsea fast Welttorhüterin geworden. Die Bälle blind nach vorne bolzen? Ist nicht ihre Art. Und wer zwei Krebserkrankungen überstanden hat, der lacht vermutlich über die Schlagzeilen der vergangenen Tage noch mehr als über Hazel Brugger.
Künzers großer Moment
Nia Künzer hält Augen und Ohren in Zürich ständig offen. Die möglichen Viertelfinalgegner Frankreich und England sind im Stadion Letzigrung schon angetreten, nun duellieren sich vor der von der Abendsonne angestrahlten Hochhauskulisse am dritten EM-Gruppenspieltag Deutschland und Schweden (Samstag 21 Uhr/ZDF).
»Grundsätzlich gute Erinnerungen«, merkte die Sportdirektorin des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dieser Tage mit einem Schmunzeln an, habe sie an den Gegner. Gemeint ist jenes Siegtor im WM-Finale 2003, als die junge Fußballerin vom 1. FFC Frankfurt über Nacht zum Golden Girl avancierte, die in jede Fernsehsendung musste, um ihre Geschichte zu erzählen.
Über Jahrzehnte schleppte die schwedische Frauenfußball-Nation den Makel mit sich herum, gegen die Deutschen im entscheidenden Moment zu verlieren. Oft unglücklich wie im EM-Halbfinale 2013 in Göteborg oder beim Olympia-Finale 2016 in Rio de Janeiro.Erst im WM-Viertelfinale 2019 in Rennes wurde der Fluch gebannt. Mit dem dritten Platz bei der WM 2019 und 2023 sowie als Olympia-Zweiter 2021 holte der erfahrene Trainer Peter Gerhardsson das Optimum mit dem Weltranglistensechsten raus. »Wir wissen, dass sie sehr kopfballstark sind, insgesamt sehr physisch, auch stark bei Standards«, warnte Innenverteidigerin Rebecca Knaak, die von 2022 bis 2024 in Malmö für den FC Rosengard spielte.(GEA)

