REUTLINGEN/FRANKFURT. Status Quo. Der gelungene erneute »Neuanfang« der Fußball-Nationalmannschaft hat den Blick auf die wirtschaftlichen Probleme des deutschen Profifußballs zunächst scheinbar in den Hintergrund gedrängt. Wenige Wochen vor dem Start der Verkaufsverhandlungen der neuen Fernsehrechte der Bundesliga ist es erneut nur Uli Hoeneß, der vor expandierenden Finanzproblemen der Liga warnt. Zum gleichen Zeitpunkt bekräftigt die Deutsche Fußball Liga DFL den unbedingten Fortbestand der 50+1-Regel.
Wo steht die Liga, nachdem die fortgesetzten Fan-Proteste zum Abbruch der Verhandlungen mit dem verbliebenen möglichen Investor der DFL führten? Den Grund für den gescheiterten Investorendeal sieht Bayern Münchens Ehrenpräsident allein im misslungenen Dialog. Die Verantwortlichen hätten »einen katastrophalen Job gemacht, wie sie die Öffentlichkeit über die wahren Hintergründe des Deals informiert haben, die Kommunikationspolitik der DFL war eine Katastrophe«, sagte Uli Hoeneß zuletzt wenig zurückhaltend in einem Interview. »Wenn man das vernünftig erklärt hätte, alles hätte ohne größere Probleme durchgehen können.«
»Die Kommunikationspolitik war eine Katastrophe«
Hoeneß ist immer noch überzeugt, »dass 98 Prozent der protestierenden Fans überhaupt nicht begriffen haben, um was es geht. Es ging nicht darum, Einfluss der Investoren auf die Bundesliga zu haben. Es ging nicht darum, die Bundesliga in ihrer Selbständigkeit einzuschränken. Nicht darum, den Fans irgendetwas wegzunehmen.« Nach dem geplatzten Einstieg des Investors, zuletzt war nur noch CVC Capital Partners, ein Finanzunternehmen aus Luxemburg, zu einem milliardenschweren Einstieg bereit, sieht Hoeneß nun erst recht Probleme auf die Clubs zukommen: »Tatsache ist, dass die kleinen Vereine zukünftig große Probleme haben werden.« Weil die internationale Vermarktung der Liga und die Digitalisierung nun von der Liga selbst finanziert werden muss.
Zugleich droht bei den beginnenden Verhandlungen um den Verkauf der Fernsehrechte ein schlechterer Abschluss als bei der letzten Runde, die den Profiligen bekanntlich die Rekordsumme von 1,1 Milliarden Euro pro Spielzeit einbrachte. DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel zeigte sich zuletzt bei der Frage nach dem möglichen Erlös zwar zuversichtlich: »Wir gehen selbstbewusst in die Auktionen.« Zu konkreten Zahlen wollte sich Merkel aber nicht äußern. »Mit den Medienrechten von 2025 bis 2029 ermöglichen wir weiterhin ein Bundesliga-Erlebnis für alle Generationen. Wir sind davon überzeugt, allen interessierten Bewerbern ein sehr attraktives Angebot machen zu können.« Die Auktion beginnt Mitte April. Schon Ende des Monats sollen dann die Ergebnisse des Wettbietens verabschiedet und nach einer Mitgliederversammlung veröffentlicht werden. Die DFL verkauft sieben Live- und acht Highlight-Pakete für insgesamt 617 Spiele pro Saison. Darin enthalten sind neben den Punktspielen der 1. und 2. Liga die Rechte für den Supercup und die Relegation.
Demonstrativ bekannte sich das DFL-Präsidium vor dem Verkaufsstart erneut zur 50+1-Regel. Das Gremium habe sich »vor allem« das laufende Prüfverfahren beim Bundeskartellamt im Blick, das die DFL selbst angestrengt hatte, um die Rechtssicherheit der Regel zu stärken. Vor diesem Hintergrund »betonte und bekräftigte« das Präsidium noch einmal »ausdrücklich seine klare Haltung«. Die 50+1-Regel sei weiterhin »ein zentraler und elementarer Bestandteil der Satzung und gilt für alle Mitglieder und Organe des Ligaverbandes«. Laut der Bestimmung behält der jeweils eingetragene Verein eine beherrschende Stellung in einer ausgegliederten Lizenzspielerabteilung in Form einer Kapitalgesellschaft. Die Teilnahme vereinsgeprägter Clubs am Spielbetrieb der Bundesliga und 2. Liga sei »ein Wesenskern der Wettbewerbe«. Die 50+1-Regel war zuletzt erneut in den Fokus geraten. Fakt ist, dass die endgültige Rechtssicherheit durch das Bundeskartellamt aber weiter aussteht.
Andreas Rettig, ehemaliger Geschäftsführer der DFL und aktueller Geschäftsführer des Deutschen Fußball-Bundes, sieht sich in der Argumentation der Liga jedenfalls bestätigt. Das war nicht immer so. »Die Bedeutung der 50+1-Regel ist unstrittig. Sie ist ein wesentlicher Eckpfeiler des deutschen Fußballs. Die Regel sichert die sozialen, historischen und kulturellen Wurzeln des deutschen Vereinsfußballs«, erklärt Rettig. DFB und Deutsche Fußball Liga seien einer Meinung, dass es die Regel »zu bewahren gilt, das ist breiter Konsens zwischen beiden Verbänden und den Vereinen«.
Alles in Butter also. Jetzt muss nur der erneute Verkauf der Fernsehrechte den erhofften Ertrag und damit Zukunftssicherheit bringen. (GEA)